"Bei
den Aufnahmen zu diesem Album brannten Kerzen, es gab Lachanfälle
und ich hatte meine Bettdecke dabei." Bei der Einspielung von
"Fisherman's woman", dem zweiten internationalen Album von
Emiliana Torrini geht es heimelig zu. Die Triphop-Beats ihres Debüts
"Love in the time of science" hat sie zu den Akten gelegt,
doch seit diesem Album sind bereits sechs Jahre vergangen.
Dennoch
war ihr Einstand 1999 derart gelungen, dass sie sich bereits eine
kleine, feine Fangemeinde erspielen konnte. Was nur wenige wissen
und noch weniger vermuten würde: in der Zwischenzeit betätigte
sich Emiliana Torrini u.a. als Autorin für Pop-Satr Kylie Minogue.
"Slow" wurde sogar für den Grammy nominiert, im Gegensatz
leider zu einer anderen Veröffentlichung: Emiliana Torrini hatte
mit "Gollum's Song" den Schlusssong zum zweiten Teil der
"Herr der Ringe"-Verfilmung aufgenommen. Vielleicht der
schönste der drei Songs, doch der Grammy ging im darauf folgenden
Jahr an Annie Lennox - für den Song zum dritten Film.
Nun
überrascht Emiliana Torrini also erneut mit einem kompletten
Soundwechsel. Auf elektronische Geräte und Programmierung wurde
komplett verzichtet. Nur mit einer Gitarre zog sie sich mit Produzent
Mr. Dan in einen Keller in Brixton zurück und spielte einen Reigen
von Liedern ein, bei denen die Zeit anzuhalten scheint. Auch das fertige
Album enthält kaum mehr als die ursprüngliche Gitarrenbegleitung.
Einmal streift ein Pianolauf die Szenerie, hier und dort kommt eine
zweite Gitarre hinzu, doch das beherrschende Thema von "Fisherman's
Woman" ist die Reduktion, die Intimität, die Stille.
Im
Vordergrund steht Emiliana Torrini allein, die mit leiser, fragiler
Stimme und einer Mischung aus Naivität und Melancholie stimmungsvolle
Lieder entstehen lässt: "Home alone and happy - nothing
brings me down". Nur einmal erlaubt sie sich einen kleinen Streifzug.
Der Titelsong, in den hinteren Teil des Albums gestellt, ist ein zaghafter
Ausflug in die Gefilde des Blues, mehr angedeutet als greifbar, doch
schon der flüchtige Moment reicht aus, um Wärme und Glück
zu verbreiten. So mischt sich die leise Sehnsucht immer mit einem
Silberstreif am Horizont. Nein, ein trauriges Album hat sie wohl nicht
machen wollen, aber eines, in dem sich wehmütige und glückliche
Momente die Hand reichen.
"Fisherman's
woman", das sei für sie die Frau, die ihren Mann nur zwei
Mal im Jahr sieht, weil der oft monatelang zur See fahre, sagt Emiliana
Torrini. In ihrer isländischen Heimat leben die Menschen seit
vielen Generationen mit dem Widerstreit extremer Gefühle des
Verlassenseins und der umso größeren Freude über die
kurzen Momente des Zusammenseins.
Am
Ende entlässt Emiliana Torrini ihre Zuhörer mit der "Serenade",
vielleicht dem schönsten Stück dieses kostbaren Albums,
in den tristen Januar. Das Gefühl des stillen Glücks aber
bleibt, denn zum Glück kann man es ihr nachtun: bei brennenden
Kerzen, wärmender Decke - und eingeschaltetem CD-Spieler. Darin
läuft, wieder und wieder, "Fisherman's Woman".
Emiliana
Torrini: Fisherman's Woman
(Sanctuary/Rough Trade)
©
Michael Frost, 30.01.2005