Von
einem "Comeback" kann eigentlich keine Rede sein. Denn "Hey
Harmony", das letzte Album von St. Thomas, liegt erst ziemlich
genau ein Jahr zurück. So beweist der junge Norweger nicht nur
Titel seiner neuen CD skurrilen Humor.
Skurril
ist auch seine Musik. Schrammende Gitarren, Banjo, Tamburin und allerlei
Schlagwerk begleiten seine stets unfertig wirkenden Folksongs, in
denen er seinem Publikum mit atemloser Stimme seine Sicht über
die Welt im allgemeinen und die Liebe im besonderen mitzuteilen pflegt.
Das alles gelang St. Thomas in der Vergangenheit mit einer derartigen
Brillianz, dass er bereits als Norwegens Bob Dylan gehandelt wurde,
auch Neil Youngs Name fiel als Referenz - alle Zeichen standen auf
grün.
Umso
überraschender kommt jetzt der Bruch. "I'm just a normal
guy with some feelings and a guitar // it's all so simple and I never
asked to be a star" schallt es dem aufmerksamen Zuhörer
in "Daily song", einem Titel seines neuen Albums, fast trotzig
entgegen. Aus St. Thomas, dem selbst ernannten Heiligen, ist wieder
Thomas, der Junge mit der Gitarre geworden - Paulus wurde wieder zum
Saulus.
Seinem
internationalen Label "City Slang" kehrte er den Rücken
- auf dem Cover des Booklets schickt er einen bissigen Abschiedsgruß
in Form einer naiven Kindermalerei hinterher, die ihn als Marionette
der Plattenindustrie zeigt (Titel: "The boss and the talented
idol"). Und musikalisch umgeht er angestrengt alles, was als
prätenziös oder künstlich empfunden werden könnte.
Doch
genau aufgrund dieser erkennbaren Bemühung wirkt sein ursprünglicher
Charme, das Spontane der Produktion, die unbekümmerte Frische,
das professionell Amateurhafte auf "Let's grow together"
leider gelegentlich bemüht und gezwungen - trotz gelegentlich
aufblitzender großer Momente wie dem Song "An artist with
a brilliant disguise", einer wiederum bissigen Abrechnung mit
dem Schein und Sein im Showgeschäft.
Die
ironische Auseinandersetzung mit den Geschäftspartnern von einst
mündet hoffentlich nicht in eine durchgängige, zynische
Lebenshaltung. Spätestens dann wäre es nämlich um den
herrlich unbekümmerten Sound des Ex-Heiligen Thomas endgültig
geschehen.
©
Michael Frost, 15. Mai 2004