Wie
ein ruhiger Fluss gleiten die Melodien dahin. Laute Töne sind seine
Sache sowieso nicht, man muss schon genau hinhören, um die filigrane
Beschaffenheit der leisen Folk-, Latin- und Flamenco-Kompositionen von
Bernardo Sandoval in ihrer ganzen Schönheit erfassen zu können.
Der
Wahlfranzose mit Wohnsitz in Toulouse ist seit Jahren eine feste Bank
für leise Songpoesie, einschmeichelnde Melodien - aber immer
wieder auch für Sozialkritik. Bernardo Sandoval ist beileibe
kein Vertreter eines touristisch verkitschten' Flamenco, auch
wenn seiner Musik die explosive Härte, das ungezähmte Temperament
dieses Genres fehlt. Er findet seinen Ausdruck in den Zwischentönen
- so auch auf "Buenos Dias" (2001), das leider erst jetzt,
mit zweijähriger Verspätung, in Deutschland veröffentlicht
wurde.
Aber
besser spät als nie: So ergibt sich doch noch die Möglichkeit,
eine neue Facette der Musik von Bernardo Sandoval kennen zu lernen.
Auf "Buenos Dias" nämlich arbeitet er mit dem Toulouser
Kammerorchester "Orchestre National de Chambre de Toulouse"
zusammen. Mit dessen Musikern - unter der Leitung von Alain Moglia
- nahm Sandoval inzwischen auch ein Live-Album auf.
Die
Streichinstrumente betonen den sanften und einfühlsamen Charakter
der stillen und einfühlsamen Kompositionen und schaffen, ergänzt
um Quer- und Panflöten, Percussions, Klavier, Akkordeon und die
obligatorischen Gitarren eine stimmungs- und spannungsvolle Atmosphäre,
die sich in den wenigen schnelleren Stücken entladen kann ("Corrido
de Amor", "Dos Duros", "Maldito dinero").
In
Ausdruck, Atmosphäre und Intensität verdient "Buenos
Dias" Bestnoten. Es ist das wohl ausgereifteste Werk des gebürtigen
Spaniers Bernardo Sandoval, der, man glaubt es kaum, bei uns immer
noch als "Geheimtipp" gilt - trotz des relativ großen
Interesses des deutschen Publikums für Latino-Rhythmen. Weitersagen
sei hiermit also dringend empfohlen.
©
Michael Frost, 10. Mai 2003