Ihr
Album "Melody AM" geriet zur Sensation. Der Erfolg von Röyksopp
übertraf wohl selbst kühnste Erwartungen. Über eine Million
Exemplare der Debüt-CD wurden seit ihrem Erscheinen Ende 2001 verkauft,
es folgten Nominierungen und Auszeichnungen, allen voran der MTV Award
für "Poor Leno" als besten Videoclip des Jahres.
Wer
hätte damit rechnen können, dass eines der interessantesten
Dance/Elektro-Projekte ausgerechnet aus dem hohen Norden kommen würde?
Inzwischen ist man schlauer, und Norwegens Musikszene ist - auch dank
Röyksopp - längst kein weißer Fleck auf der musikalischen
Landkarte mehr. Torbjørn Brundtland und Svein Berge leisteten
somit die Grundlagenarbeit, und inzwischen werden sie in einem Atemzug
mit Kollegen wie Moby und Air genannt.
Mit
dem zweiten Album ließen die beiden Nordmänner sich betont
viel Zeit. Lieber gingen sie erstmal auf Konzertreise und testeten
ihr Livepotenzial aus. So manche Festivalbühne brachten sie dabei
zum Kochen, und unversehens verwandelten sie freundlich-distanzierte
Zuhörer in eine wild und ausgelassen tanzende Masse. Schnelle
Beats, luftige Loops, eingängige Melodien und die raffinierte
Zusammenführung der einzelnen Teile brachen das Eis: der Leichtigkeit
des Röyksopp-Rhythmus konnte man sich nicht entziehen.
Dieser
Rhythmus durchzieht nun auch "The Understanding", das zweite
Album des Duos. Einen Vergleich mit "Melody AM" lehnt Torbjørn
Brundtland ab: "Das ist so, als ob man seine Kinder vergleichen
soll." Eines jedoch kann man attestieren: Das zweite Kind ist
reifer, selbstbewusster, und es singt sogar selbst. Das heißt:
Im Gegensatz zu "Melody AM", bei dem Convenience-King Erlend
Øye die Gesangspart übernommen hatte, singen Brundtland
und Berge auf "The understanding" selbst.
Leider
sind dies die Momente, in denen das Album die Balance zwischen Leichtigkeit
und Banalität verliert. Denn Songs wie "Only this moment"
oder "Beautiful day without you" erinnern im Hinblick auf
den Gesang des Duos auf fatale Weise an den eindimensionalen Sound
der Pet Shop Boys. Wie viel interessanter und elektrisierender die
Musik im Zusammenhang mit einer anderen Stimmt wirkt, macht ein Titel
wie "What else is there?" deutlich. Karin Drejer sorgt vor
dem hypnotisierenden Dancerhythmus mit junger, fast jungenhafter Stimme
für die nötige Reibung, die den eigenwilligen Charakter
des songs betont und die wohlig-einlullende Atmosphäre des Grundsounds
bricht.
So
versöhnt die Entdeckung der großartigen Stimme von Karin
Drejer mit den weniger starken Momenten des Albums, und spätestens
mit "Alpha male" ist sowieso jeder Anflug freundlicher Distanziertheit
dahin, und man findet sich, allein oder in Massen, wild und ausgelassen
tanzend wieder.
©
Michael Frost, 09.07.2005