Wenn
von "gepflegter Unterhaltung" die Rede ist, wird damit oft
ein eher biederes, betuliches, gar langweiliges Showprogramm als Euphemismus
umschrieben. Obwohl diese Attribute auf Quadro Nuevo nun überhaupt
nicht zutreffen - sie sind weder bieder noch betulich und schon gar
nicht langweilig -, so wirkt ihre Musik dennoch im positiven Sinne gepflegt,
besser: kultiviert.
Andreas
Hinterseher (Akkordeon), D.D. Lowka (Bass), Mulo Francel (Saxophon,
Klarinette) und Robert Wolf (Gitarre) haben ihr Handwerk von der Pique
auf gelernt und zur Kunstform ausgebaut. In ganz Europa und darüber
hinaus sammelten sie Impressionen für ihre virtuosen Interpretationen
jiddischer Weisen, dem Pariser Jazz eines Django Reinhardt, neapolitanischen
Gassenhauern, anatolischen Liebesliedern und tango nuevo.
Wohl
von letzterem leitet sich der Name dieses Quartetts ab, denn mit Astor
Piazzolla, dem großen Erneuerer des Tango, teilen die vier Musiker
die Leidenschaft für neue Wege, ungewöhnliche Perspektiven
und die Fähigkeit, laute Gefühle in leise Musik zu transformieren.
Bei ihren Auftritten beeindruckt vor allem die filigrane Intensität
ihres Spiels, in der die Musiker nicht sich selbst, sondern den Klang
ihrer Instrumente in den Vordergrund stellen, mit ihnen eins werden
und in ihrem gemeinsamen Spiel aufgehen, ohne dabei den individuellen
Charakter des eigenen Instruments einzubüßen.
Keine
Frage, dass diese herausragenden Qualitäten von Quadro Nuevo
auf der Bühne nochmals besonders zur Geltung kommen, und so ist
der im Mai 2004 auf der Internationalen Jazzwoche in Burghausen mitgeschnittene
Auftritt - fast erwartungsgemäß - ein absoluter Hochgenuss.
Das muss auch das Burghausener Publikum so empfunden haben, denn es
folgt dem Reigen alter, neuer und erneuerter Melodien mit sichtbarer
Begeisterung.
"Wenn
man alles in Noten fassen könnte, wäre es sehr rational."
Eine Restunsicherheit müsse bleiben, um Spannung und Magie der
Musik zu bewahren, sagt Mulo Francel an einer Stelle der Live-DVD,
die Quadro Nuevo jetzt veröffentlichte. Vielleicht ist diese
Suche nach der Magie der Antrieb für regelmäßige Reisen
der Gruppe ans Mittelmeer. In Italien spürt die Band den Wurzeln
ihrer Musik nach, tritt auf den Straßen und Plätzen italienischer
Groß- und Kleinstädte auf, dort, wo diese Lieder entstanden
und zu früheren Zeiten von den Leuten gesungen, gesummt oder
gepfiffen wurden.
Und,
so lernen wir aus dem Konzertmitschnitt und dem aufschlussreichen
Bonusmaterial: Hier wird mit viel Liebe zum Detail eine Tradition
kultiviert, die nur noch selten anzutreffen ist: die gepflegte
Unterhaltung.
©
Michael Frost, 06.05.2005