Wenn
Air auf Tournee gehen, sollte man keinesfalls das so genannte Vorprogramm
verpassen. Auf diese Weise konnte man nämlich vor einigen Jahren
einen schrägen Zeitgenossen wie Sebastien Tellier entdecken, mit
bizarren Klängen, Rauschebart und einer Begleiterin aus Dänemark,
die sich während des Auftritts mehrfach dramatisch zu Boden warf.
Solche
Exzesse sind wohl nicht zu erwarten, wenn Peter von Poehl die Bühne
betritt. Der 33-jährige Sohn einer Schwedin und eines Deutschen
gehört wohl in die Kategorie der "Singer/Songwriter",
und doch ist seiner Musik das inzwischen als typisch skandinavisch
geltende Faible für Ungewohntes, Abseitiges und Tiefgründiges
anzuhören. So durchdringen feierliche Bläser, Blockflöten
und Folkrock-Elemente seinen beschwörenden, mit hoher Stimme
vorgetragenen Gesang.
Peter
von Poehl begann seine Karriere in Frankreich. Dort spielte er u.a.
als Gitarrist in der Band von Bertrand Burgalat, bevor er sich entschied,
sich als Solo-Interpret zu versuchen. "Going to where the tea
trees are" entwickelte sich in Berlin, dem Wohnort von Poehls.
Zum Teil wurde das Album dort sogar aufgenommen, in seiner Wohnung,
doch der überwiegende Teil entstand unter der Regie von Produzent
Christoffer Lundquist in einem Studio in Schweden.
"Going
where the tea trees are" ist ein experimentelles und unterhaltsames
Album zugleich. Er lotet die Möglichkeiten seiner ungewöhnlichen
Instrumentierung (am auffälligsten ist die Brass-Sektion mit
Trompete, Posaune, Tuba und Horn - alle übrigens von einem einzigen
Musiker gespielt) bis ins letzte Detail aus. Was im Titelsong, der
das Album auch eröffnet, fast noch als konventionelle Folkrockballade
im Stil von Beck gelten könnte - wäre da nicht diese edle
Saxophonuntermalung, von der man gar nicht genug bekommen kann - ,
mündet mit "The bell tolls five" in einen feierlichen
Ausklang, bei dem die Bläser mit einem Marschrhythmus unterlegt
werden.
Die
Raffinesse dieses Albums steckt also im Detail. Und so stellt sich
das, was anfangs einfach nur sympathisch, offen und spontan wirkte,
letztlich außerdem noch als hochprofessionell, durchdacht und
ausgereift heraus. Air sollten vielleicht nochmal überlegen,
wen sie da mit auf Tour nehmen. Peter von Poehl ist durchaus imstande,
den beiden Franzosen die Show zu stehlen.
©
Michael Frost, 11.März 2007