Die
irische Folksängerin Niamh Parsons hat vor vier Jahren
- zusammen mit dem Gitarristen Graham Dunne - auf der CD HEARTS
DESIRE (vgl. cd-kritik) traditionelle
und zeitgenössische irische Balladen versammelt, deren
herb melancholischer Tonfall nicht zuletzt durch ihre spezifische
Gesangskultur bestärkt wurde: Es ist die uralte Kunst
der ornamentalen Umspielung von einfachen Melodien, eine Form,
die für Außenstehende - Irland-Fans zumal - etwas
unnahbar Fremdes behält, und damit jedem kitschigen Sentiment
fern bleibt.
Der
Titel ihres neuen Albums THE OLD SIMPLICITY sagt schon, dass
sie diesen Weg weiter geht, wobei hier nicht nur irische,
sondern beispielsweise auch schottische Songwriter zu Wort
kommen. Unter den 14 Liedern - mit allen Texten sowie Entstehungshintergründen
im CD-Booklet vorzüglich dokumentiert - befinden sich
zwar nur wenige echte traditionals, aber die Art und Weise,
wie Niamh Parsons zu ihren Songs findet, meist durch den Kontakt
zu befreundeten Musikern, macht deutlich, wie sehr sie Musik
als Teil einer lebendigen Tradition versteht, an der stets
weiter gestrickt wird.
In
den Balladen des neuen Albums geht es unter anderem um ein
Stück irische Geschichte: Da wird von den irischen Soldaten
erzählt, die auf den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs
gestorben sind ("John Condon") oder Mitte des 19.
Jahrhunderts am Krieg zwischen den USA und Mexiko teilgenommen
haben ("The Men that God made mad"). Es geht nicht
nur um Kriegsopfer, es geht - allgemeiner - um das Schicksal
des "Poor little stranger", um den Wanderer, der
sich auf die Suche nach Arbeit und Brot macht und dabei ("so
far from his home") seine Heimat verlassen muss.
Es
geht um Männer, die in den Minen Australiens an Asbestose
erkranken ("Blue Murder"), und um Frauen, deren
alt gewordene Partner am Alkohol zugrunde gehen ("The
Song of the drinking man´s wife"). Aber es gibt
auch das unbeschwerte - a capella gesungene - Liebeslied,
das traditional "Ye Rambling Boys of Pleasure" mit
der schönen Schlussstrophe: "I wish I was in Dublin
Town and my true love along with me/ Money in our pockets
to keep us in good company/ Liquor to be plentyful, a flowing
bowl on every side/ Hard fortune ne´er could daunt me,
for I am young and the world is wide".
Zu
den befreundeten Liedermachern, die Niamh Parsons inspiriert
haben, gehört einer der führenden schottischen Singer-Songwriter:
Alistair Hulett hat mehrere Jahrzehnte in Australien gelebt,
bevor er nach Glasgow zurückgekehrt ist. Mit "Blue
murder" hat er einen der eindringlichsten Songs dieses
Albums geschrieben. Alle Melodien sind einfach, gradlinig,
ebenso schlicht die ruhige Gitarrenbegleitung von Graham Dunne,
der in zwei Soli seine kompositorischen und konzertanten Fähigkeiten
ausspielen kann.
Viele
der von Parsons und Dunne arrangierten Songs sind um Mandoline,
Bouzouki, Akkordion und Violine bereichert, ohne dabei ihre
Transparenz zu verlieren. Die warme, leicht raue, zwischen
hell und dunkel changierende Stimme und die diskrete Instrumentalbegleitung
schaffen eine dichte, intensive Atmosphäre, die nicht
nur die Sehnsucht des Herzens beschwört, sondern den
sozialkritischen Unterboden dieser Musik mitreflektiert.
THE
OLD SIMPLITCITY ist mehr als eine gelungene Fortsetzung von
HEARTS DESIRE, zeigt sie doch deutlich, wie sehr irische Musiker
aus der Tradition leben, und dank ihrer musikalischen Wurzeln
für die Gegenwart offen sind.