Wo
das Motion Trio zum Akkordeon greift, bleibt kein Stein auf dem anderen.
Das "Trio Infernal" aus Krakau hat das Spiel mit Tasten und
Knöpfen neu erfunden, stellt Hörgewohnheiten geradewegs auf
den Kopf, zerlegt Töne und Rhythmen in dekonstruktivistischer Manier,
um aus den Einzelteilen einen Sound zu kreieren, der seine Akrobatik
irgendwo zwischen Wagnis und Wahnsinn entfaltet.
Das
"Motion Trio" ist momentan die virtuoseste und spannendste
Akkordeonband überhaupt. Auf internationalem Parkett machte das
Trio vor allem mit seinem vorigen Album "Pictures from the street"
auf sich aufmerksam. Doch rückblickend erscheint das, was Marcin
Galazyn, Janusz Wojtarowicz und Pawel Baranek dort präsentierten,
geradezu als Geplänkel.
Denn
auf dem neuen Album wird richtig hingelangt: "Play-Station"
steht für Techno und Trance - für das Akkordeon auf Ecstasy.
Bereits der zweite Titel des Albums legt mächtig vor: "You
dance", und man weiß nicht, ist es Befehl oder Beobachtung,
auf jeden Fall kann man kaum umhin, sich dieses Stück zu vorgerückter
Stunde in irgendeinem voll besetzten Tanztempel vorzustellen; kaum
zu glauben, dass dieser Sound - Scratches und Beats inklusive - allein
von den drei Revolutionären aus Krakau und ihren Instrumenten
erzeugt wird.
"Play-station"
kommt als Albumtitel nicht von ungefähr. Er verbindet die Spielfreude
auf dem traditionsreichen Instrument mit der technischen Moderne,
dem Computerspiel, verändertem Medienkonsum und kulturellen Umwälzungen.
Diese Prozesse finden auf "Play-station" ihren Niederschlag.
Die Musik lässt überkommene Gewohnheiten hinter sich, die
Instrumentalisten erfinden ihre Instrumente neu, konfrontieren sie
mit den Bedingungen der Moderne und entwickeln das Akkordeon so zu
etwas, das vorher nicht da war.
Wenn
das Album mit einem Stück namens "Game over" schließt,
ist das mehr als nur ein augenzwinkernder Schlussakkord, es ist die
Umsetzung des Aufbaus eines PC-Spiels mit all den neuen Gesetzesmäßigkeiten
der virtuellen Welt: "Bits und Bytes in den Balg ..." (Pressetext).
Quasi
als Zugabe vereint das Motion Trio Virtualität und Virtuosität,
und dies in einem Atem beraubenden Tempo, mit einer herausfordenden
Dramatik und einer Dynamik, die ihresgleichen sucht.
©
Michael Frost, 09.10.2005
Motion
Trio Live:
09.10.
Lörrach, Burghof
12.10. Esslingen, Akkordeon Festival
13.10. Langenau, Pfleghofsaal
14.10. Luxemburg, F-Club Letzebuerg
16.10. Langenselbold, Schloss
18.10. Gent (B), Concert Hall
28.10. Amberg, Rathauskonzert
29.10. Plauen, Folkherbst
30.10. Dresden, Societätstheater
24.11. Wien, Birdland
25.11. Wien, Birdland
26.11. Wien, Birdland