Der
Vergleich mag abgegriffen sein - doch Millencolin sind wie eine lange
Reise mit Freunden und dem eigenen Auto. Ausgelassen, schnell, heiter.
Stimmungs- und erwartungsvoll, manchmal melancholisch.
Die Schweden kommen in Fahrt mit vorwärtsgehendem Punk-Rock,
Drive und Ska(te)-Attitüde, aber ohne ihre Mucke der beliebten
Beschimpfung als Punk-Pop aussetzen zu müssen.
Im
Kofferraum dürften immer noch die Surfboards und alte "Lagwagon"-
und "No fun at all"-Platten liegen. Am Steuer sitzt Sänger
Nikola Sarcevic, der mit seinen markanten Refrains die Richtung vorgibt.
Das neue Album ist kein neuer musikalischer Wegweiser, dafür
hält das Quartett aus Örebrö schon seit Jahren die
(Klang-)Spur wie ein guter, alter Volvo.
Am besten sind sie jedoch, wenn sie ein Stück weit von der Strecke
abkommen und ihrem HighSpeed-Sound unglaublich wirkungsvoll einige
emotional-melodiöse Passagen hinzufügen, natürlich
ohne dabei vom Gas zu gehen. Auf "Kingwood" zeigen Millencolin
gleich beim gefühlvollen Start mit "Farewell my hell"
und später mit "Shut you out", dass sie dabei immer
wieder die Kurve kriegen.
Die Texte der Moshpit-Moralisten über kaputte Familien, soziale
Apartheid, Hass und Heuchelei kommen dagegen sehr geradeaus, oft fast
rührend-naiv. In Millencolins skandinavischem "Kingwood"
ist die Welt zwar auch nicht in Ordnung, aber es gibt offenbar einfache
Lösungen. Das rechtfertigt den unkomplizierten optimistisch-eingängigen
Sound, hell wie eine schwedische Sommernacht, während es auf
der Autobahn dem Sonnenaufgang entgegengeht.
Millencolin
- "Kingwood" (Burning Heart/Epitaph)
ist ein Beitrag von Holger Heitmann
© Holger Heitmann, 30.05.2005