Man
könnte es für Electronica halten, doch tatsächlich werden
die digitalen Elemente lediglich um einen organischen, akustischen Körper
gruppiert. "Mice Parade", so der Name des Solo-Projektes des
New Yorkers Multi-Instrumentalisten Adam Pierce, hat mit seiner dritten
Produktion für das britische Independent Label FatCat einen leisen
Soundtrack für stille Wintertage geschaffen.
Der
portugiesische Albumtitel überrascht zunächst, denn südliches
Flair ist abseits eines Flamenco-inspirierten Stücks ("Spain")
weit und breit nicht in Sicht, doch übersetzt bedeutet "Obrigado
saudade" sinngemäß "Danke Sehnsucht", und
das passt schon eher zur Stimme von Gastsängerin Kristin Anna
Valtysdóttir, deren weicher Gesang über den behutsam entwickelten
Kompositionen eine Wolke aus verträumter Melancholie ausbreitet.
Valtysdóttir gilt Szene-Kennern als Sängerin der isländischen
Formation Múm bereits als Name mit Strahlkraft, und die Leidenschaft
dieser Gruppe für akustische Landschaftsbilder teilt auch Mice
Parade.
Die
Struktur der Lieder besticht durch ihre Einfachheit: oft wird lediglich
eine akustische Gitarre über aufrüttelnde Drums gelegt,
zu denen dann Ambient-Klänge gemixt werden. Pierce aka Mice Parade
spielt die meisten Instrumente selbst und lässt sich nur bei
einigen Songs von Gastmusikern unterstützen.
So
ist es vor allem seine eigene, selbst geschaffene Landschaft aus Tönen,
Melodien und Arrangements, die sich bildhaft vor dem geistigen Auge
des Betrachters ausbreitet. Dabei wirkt "Obrigado Saudade"
weniger durch den einzelnen Track als vielmehr durch die Konzeption
des ganzen Albums. Wie beim Versuch, ein überdimensionales Gemälde
zu betrachten, so muss man auch hier einen Schritt zurücktreten,
um die Wirkung des Bildes in seiner Gesamtheit zu erfassen.
©
Michael Frost, 04. Januar 2004