"Ich
spreche über Rassismus, Armut, Hungersnöte und über die
Beziehungen zwischen Menschen", sagt Ismaël Lô über
sein neues Album, das er seinem Heimatland widmete: "Sénégal".
Die Themen machen klar, weshalb der Ursprung des Blues Westafrika ist.
Und
doch hört man dem Album die tonnenschwere Themenlast nur selten
an. Denn Ismaël Lô verpackt die Kritik an den Lebensbedingungen
in Westafrika überwiegend in freundliche, geradzu lebensfrohe
Rhythmen, die zum Tanzen und Feiern einladen: In Afrika liegen nämlich
auch die Ursprünge von Soul, Gospel und Reggae.
Wohl
deshalb sind Freud und Leid in der Musik von Ismaël Lô
so dicht beieinander. Für Europäer, die in der Regel eine
größere Trennschärfe zwischen "U" und "E",
'ernster' und 'unterhaltender' Musik vornehmen, mag dies noch immer
ungewohnt sein, doch "Sénégal" ist auch der
Hinweis darauf, dass das Eine ohne das Andere nicht existieren kann,
weder in Afrika noch sonstwo.
Der
"Bob Dylan des Senegal", der neben Youssou N'Dour zu den
international bekanntesten Musikern seines Landes zählt, ist
ein weiser Erzähler und ein großer Musiker. Dabei ist seine
Stimme (in erfreulichem Gegensatz zu Dylan) samtweich und einschmeichelnd,
seine Harmonien sind freundlich, bisweilen gar harmlos und vielleicht
auch deshalb so erfolgreich, weil sie die Hörgewohnheiten der
Menschen auch außerhalb westafrikanischer Traditionen nicht
wirklich auf die Probe stellen.
Angesichts
der Bedeutung seiner Themen hätte man sich wenigstens eine englische
Textübersetzung im Booklet gewünscht (hier bleibt man auf
die Internet-Recherche angewiesen), doch das Lebensgefühl der
Songs - von der traurigen Ballade "Yaye boye" bis zur religiös
inspirierten Hymne "Incha allah" - beschreibt bereits die
Musik. Und die fügt U und E wie selbstverständlich zusammen.
©
Michael Frost, 19.04.2007