Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

"Gypsy Rockabilly"


Die Zeiten, als die Roma sich damit zufrieden gaben, dem Romantik-Bedürfnis der "Gadje", der Nicht-Roma, und deren historisch falschen Legenden vom vermeintlich "lustigen Zigeunerleben" nachzugeben, sind definitiv vorbei. Mit großem Selbstverständnis erobern sich immer mehr Musiker und Bands Freiräume im internationalen Musikgeschehen.

Auch wollen sich viele Bands nicht länger auf die angestammte Folklore ihrer Völker festlegen lassen. So machte bereits im vergangenen Jahr das "Urban Gypsy"-Projekt aus Bukarest mit Trance- und Drums&Bass-Experimenten von sich reden, und auch "Kal", ein furioses Septett aus den Vorstädten von Belgrad, verblüfft: erkennbar steht "Kal" in der Tradition der Roma vom Balkan, doch ebenso gelten sie in ihrer Heimat bereits als "Dancefloor-Rebellen" (Pressetext).

Die Band selbst nennt ihr munteres Treiben "Gypsy Rockabilly" und strotzt auch sonst vor Selbstbewusstsein. Ihr Bandname ("kal" stammt aus dem Romanes und bedeutet "schwarz") steht einerseits für die dunklen, tiefgründigen und oft Blues-betonten Momente, welche die Musiker in ihrem Outfit (sie tragen ausschließlich schwarze Kleidundg) widerspiegeln, ist aber auch von historischer Bedeutung: lange Zeit galten die 'fremd' aussehenden Roma in Europa als die 'Schwarzen', weshalb man ihnen mit Argwohn und Ablehnung begegnete.

"Kal" greifen das Stigma provozierend auf und verkehren es ins Gegenteil. Unterstützt von ihrem Produzenten Mike Nielsen, der bereits die orientalischen Beats von Natasha Atlas für den Dancefloor mixte und mit Jamiroquai und Underworld arbeitete, heizen "Kal" mit ihrem selbst betitelten Album ebenso lautstark wie gefühlvoll ein. Ausgehend von der traditionellen Musik, der immer auch etwas Melancholisches anhaftet, liefern sich die Instrumentalisten und Sänger einen großartigen Wettstreit zwischen Sehnsucht und überbordendem Temperament. Überraschend der Blick auf die Album-Credits: Die Rebellen aus Belgrad kommen völlig ohne elektronische Instrumente oder digitale Zusätze aus.

Nur akustische Elemente tragen ihren kraftvollen Sound; Percussions, Geigen und hypnotisierender Gesang geben den Ton an, und auch dieser Umstand mag als Beweis ihres großen und mitreißend umgesetzten Selbstbewusstseins gelten. Kein Zweifel: Auf diese Rebellen hat der Dancefloor gewartet!

© Michael Frost, 12.02.2006

Tipps zu ähnlichen CDs und Bands:

Boban Markovic Orkestar, Fanfare Ciocarlia, Shukar Collective, Vera Bíla, CD-KRITIK Thema

[Archiv] [Up]