Wenn
der Stil einer Künstlerin nicht auf Anhieb einem bestimmte Genre
zugeordnet werden kann, werden Vergleiche bemüht. "Klingt
wie ...", heißt es dann, und es folgen zwei oder drei markante
Namen, die der Beschreibung als Eckpfeiler dienen. Im Fall von Susi
Hyldgaard reicht die Zahl der Pfeiler allerings aus, um daraus einen
ganzen Zaun zu zimmern.
Die
Referenzen führen von Joni Mitchell über Cassandra Wilson
bis zu Neneh Cherry. Andererseits werden Massive Attack, Lamb und
Lambchop genannt. Ein anderer Kritiker verstieg sich sogar zu der
absurden Behauptung, Susi Hyldgaard sei "die dänische Björk".
Doch
in Wirklich erinnert Susi Hyldgaard so gar nichts an die isländische
Avantgarde-Elfe. Weder stimmlich noch musikalisch. Dann passt schon
eher der Hinweis auf Moloko. Tatsächlich hat Susi Hyldgaards
Timbre streckenweise etwas von dem rauchigen, stets etwas verkatert
wirkenden Gesang der großartigen Moloko-Frontfrau Roisin Myrphy.
Doch
bedeutend näher ist man Susi Hyldgaard mit diesen Vergleichen
nicht gekommen. Hört man "Blush", den Opener ihres
gleichnamigen Albums, wird man Jazz als Grundlage ihres Sounds bestimmen.
Doch bereits hier mischen sich leise R&B-Elemente in den Song.
"Obwohl ich wusste, dass Album 'Blush' heißen sollte",
erzählt sie, "kriegte ich einfach keinen Titelsong hin.
Charlotte (Garner) hat mich gerettet, indem sie kurz vor Deadline
aus meinem hektischen Gestammel darüber, worum es gehen sollte,
einen wunderbaren Text zauberte."
Ihre
Stimme ist enorm wandlungsfähig. "Take your time" klingt
gegenüber dem Opener, als würde es von einer anderen Person
gesungen. Das Licht ist aus der Stimme verschwunden - hier zelebriert
jemand den Blues. Die sparsamen Instrumentierungen werden durch Streicherpassagen
gepusht, die von Triphop-Arrangeuren wie Craig Armstrong oder Nick
Ingman stammen können. Doch tatsächlich verantwortlich zeichnet
hierfür Dickon Hinchcliff, auf den Susi Hyldgaard bei einem Konzert
der Tindersticks in Kopenhagen aufmerksam geworden war.
Hinchcliffs
Streicherarrangements sorgen für die vorsichtige Annäherung
an den Triphop, allerdings ohne dessen typische Beat- und Scratchelemente.
Abgesehen vom Keyboard verzichtet Hyldgaard auf elektronische Elemente.
Dass sie hieraus jedoch kein Dogma machen möchte, verdeutlichen
die abschließenden zwei Stücke des Albums. Hier werden
zwei Titel von "Blush" erneut aufgegriffen, allerdings in
Remix-Fassungen ihres dänischen Electronica-Kollegen Thomas Knak
alias Opiate ("Seeking") und Matthew Herbert ("Blush").
"Blush"
ist bereits ihr viertes Album, und es macht deutlich, dass Susi Hyldgaard
sich mit ihrer Musik zwischen den Stühlen gängiger Genres
häuslich niedergelassen hat. Alle Vergleiche treffen weiterhin
mal mehr und überwiegend mal weniger zu. Vielleicht sollte man
es mal mit der Umkehrung versuchen: "Klingt überhaupt nicht
wie ..."
©
Michael Frost, 02.04.2005