"Jackie
Cane was everybody's sugar
she gave it all wherever it took her
they used her up before the sell-by date
to be so sweet was her only mistake"
Die
(fiktive) Person der Jackie Cane treibt das belgische Trio Hooverphonic
schon seit längerer Zeit um. Bereits auf ihrem Album "The
magnificent tree" (2000) widmeten sie der schillernden Figur
einen Song, aus dem der oben zitierte Text stammt. Nun folgt ein ganzes
Album, das sich voll und ganz dem Leben der tragischen Gestalt widmet:
"Hooverphonic presents Jackie Cane".
Jackie
Cane ist eine "glamouröse Pop-Chanteuse" (Presse-Text),
eine "Femme fatale", die schließlich an ihrem Ruhm
zerbricht: Ihr Karrieregipfel kennzeichnet schließlich nur noch
die Fallhöhe.
Alex Callier (Gitarre/Keyboards), Raymond Geerts (Gitarre) und Geike
Arnaert (Gesang) erzählen ihren Werdegang in verschiedenen Etappen,
angefangen von der furiosen Orchester-Ouvertüre "Sometimes"
über das selbstbewusste "The world is mine" im prilblumenfarbenen
Pop-Sound, "Jackie's delirium" in einer psychedelischen
Opiumhöhle bis zum tragischen Finale ("The last supper")
und dem feierlichen Epilog "The kiss". Reichlich Stoff und
Musik also für ein Musical der besonderen Art.
"Besonders"
ist das Konzept auch deshalb, weil Hooverphonic Pop und Orchestersound
gekonnt miteinander abstimmen, frische Chor- und Bläsersätze
beeindruckend in Szene setzen, ohne die Szenerie zu überladen.
Außerdem würzen sie ihre Sounds immer wieder mit Samples
und Beats, deren Herkunft aus dem Triphop à la Portishead unverkennbar
ist: Wurzeln, die auch der Ursprung der Karriere von Hooverphonic
sind.
Was allerdings den Inhalt und die Gestalt der Jackie Cane angeht,
dementieren Hooverphonic Gemeinsamkeiten. Sie seien einfach fasziniert
von der einstmals erschaffenen Figur und hielten es für unzureichend,
ihre Geschichte mit nur einem Lied nachzuzeichnen.
Die
vielen Facetten des unaufhaltsamen Aufstiegs und des tragischen Endes
bieten Hooverphonic in jeder Hinsicht die Gelegenheit, sämtliche
Register ihres Könnens zu ziehen. Neben den bereits erwähnten
Sounds und Orchester-Arrangements, für die wiederum Matt Dunkley
verantwortlich zeichnet, der Hooverphonic schon bei ihrem letzten
Album zur Seite stand, gilt das in besonderer Weise für Sängerin
Geike Arnaert, die über eine faszinierende Spannbreite von Stimmen
und Stimmungen verfügt, mit denen sie den jeweiligen Gemütszustand
der Album-Protagonistin exakt auf den Punkt zu bringen weiß.
Wie
gesagt: Am Ende des Album verliert Jackie Cane ihr Leben. Fortsetzungen
seien deshalb nicht in Planung, sagte Alex Callier in einem Interview
in den Niederlanden. Sonst wäre ihr Tod ja praktisch umsonst
gewesen. Aber ganz festlegen wollte er sich dann wohl doch nicht:
Schließlich sei David Bowies Major Tom ja auch gelegentlich
wieder zurückgekehrt.
©
Michael Frost, 28. September 2002