Für
mitteleuropäische Ohren klingt die Musik von Gjallarhorn immer
ein wenig wie die Vertonung eines Fantasymärchens. Pausenlos erscheinen
Elfen, Trolle, nordische Götter, Zauberer oder andere Bewohner
mythologischer Fabelwelten am geistigen Horizont.
Gjallarhorn,
das im schwedischsprachigen Teil von Finnland beheimatete Quartett
aus Jenny Wilhelms (Gesang, Geige), Adrian Jones (Viola, Mandoline),
Petter Berndalen (Percussions) und Göran Månsson (Bass)
spielt virtuos mit den phantastischen Assoziationen. Ihre Musik hat
ihren Ursprung in den nordischen Sagen, wird mit Mitteln umgesetzt,
die aus dem Mittelalter und dem Barock stammen und durch aktuelle
Sounds in ein zeitgemäßes Konzept eingebettet.
Für
dieses Konzept zeichnet auf dem neuen Gjallarhorn-Album "Rimfaxe"
ein überraschender Name verantwortlich: Bruce Swedien. Der fünffache
Grammygewinner aus Chicago begann seine Karriere als Toningenieur
an der Seite von Quincy Jones, mit dem er u.a. Michael Jacksons legendäres
"Thriller"-Album aufnahm.
Swedien
stammt aus einer Familie schwedischer Auswanderer, und so erstaunt
es nur bedingt, dass er sich zur Zusammenarbeit mit Gjallarhorn bereit
fand. Schon früher hatte er mit anderen nordischen Musikern,
z.B. dem Jazz-Posaunisten Nils Landgren, zusammen gearbeitet. "Ich
lernte Schwedisch während meiner Zeit in der Highschool von Minneapolis",
erklärt Swedien im Begleittext zu "Rimfaxe". Die einzigen
Lehrbücher, die ihm dabei zur Verfügung standen, vermittelten
ihm dabei die schwedische Sprache, wie sie unter den Auswanderern
in Minnesota vor einhundert Jahren gesprochen wurde - und in den altertümlichen
Weisen von Gjallarhorn.
So
fand Swedien leichten Zugang zu den ungewöhnlichen Klängen,
die er erfreulicherweise nicht einebnete, sondern durch allerlei spielerische
Effekte - etwa durch den Staccato-Einsatz eines kompletten Orchesters,
noch hervorhob. Dadurch verstärkt sich auch der Eindruck, hier
werde eine Fantasy-Geschichte erzählt, und tatsächlich steht
ein weißes Pferd als Gestalt der nordischen Mythologie im Mittelpunkt
des Albums.
Das
Booklet mit seiner ästhetischen Aufmachung, Erläuterungen
zur Herkunft und zum Verständnis aller Lieder (zweisprachig schwedisch/englisch)
dient dabei als Reisebegleiter in die oftmals fremde Welt eigener
Assoziationen.
©
Michael Frost, 22. August 2006