Stephan
Eicher ist ein Rockmusiker aus der Schweiz. Wer hierin einen Widerspruch
sieht, sollte sich eines besseren belehren lassen.
In
seiner Heimat und in Frankreich ist Eicher ein Star, und das schon
seit Jahren. Mit der Single "Déjeuner en paix" gelang
ihm in Frankreich sogar ein Nummer 1-Hit.
Eicher
singt, wie es sich für einen "guten" Schweizer gehört,
mehrsprachig. Auf seinen Alben finden sich jeweils sowohl englische,
französische, deutsche und sogar auf Schwyzerdeutsch gesungene
Titel. Insofern ist er einer der ganz wenigen wirklichen Europäer
in der Musikszene.
Unverständlich,
weshalb selbst seine deutschsprachigen Lieder hier so wenig zur Kenntnis
genommen werden, obwohl der heimische Musikmarkt ein paar intelligente
Texte wie die von Stephan Eicher gut vertragen könnte. Dabei
war er ja in Deutschland schon mal bekannt, und zwar Anfang der 80er
Jahre, als er mit seiner Band "Grauzone" und dem Titel "Eisbär"
mitten in die neue deutsche Welle schwappte.
Vielleicht
hat er den deutschen Markt aber auch gar nicht mehr im Blick und konzentriert
sich ganz auf das dankbare und begeisterte französische Publikum.
Auf seinem aktuellen Album "Louanges" fehlt jedenfalls erstmals
ein auf Hochdeutsch gesungenes Lied.
Ansonsten
aber ist "Louanges" eine typische Eicher-Platte von zeitloser
Qualität, für die er Rock, Chanson, Pop und ein wenig Blues
verarbeitet hat, besinnlich und romantisch zumeist, aber nie kitschig
und nie banal.
Wiederum
stammen die meisten Texte aus der bewährten Feder von Eichers
französischem Dichter-Freund Philippe Djian, der diese Form literarischen
Schaffens offenbar sehr genießt. Im Zusammenspiel der Texte,
Eichers Kompositionen, seiner ruhigen, spröden Stimme und den
stilsicheren, überwiegend akustischen Arrangements erklingt eine
Art "intellektueller Rock" auf hohem Niveau.
Die
Musik ist stets handgemacht und "ohne Filter", ehrlich und
ungeschminkt. Die Akustik ist, wie auch auf den vorhergehenden Platten,
erstaunlich. Der Sound klingt so echt und live, als käme er nicht
aus dem Lautsprecher, was mit dem ungewöhnlichen Aufnahmeorten
zusammenhängen muss:
"Louanges"
wurde, wie schon das 95er Album "Engelberg" in einem Kursaal
in den Schweizer Alpen eingespielt, und die Athmosphäre des Raumes
überträgt sich auf die Musik - und auf das dankbare Publikum.
MF / 11. November 2000