Aalborg
ist die viertgrößte Stadt Dänemarks und dennoch Provinz.
Allerdings keine, die man unterschätzen sollte: Die Kneipendichte
ist legendär (man gehe einmal am späteren Abend durch die
Jomfru Ane Gade), die Kulturszene ist exquisit (das Kunstmuseum schuf
der finnische Stararchitekt Alvar Aalto), die Musik jung und europäisch.
Kurz
gesagt: Aalborg bietet beste Voraussetzungen für Nachwuchsmusiker
wie "Doi", eine junge fünfköpfige Band, die sich
mit sphärischem Ambientrock zwischen Post-Triphop-Bands wie Archive,
den isländischen Kollegen von Sigur Rós oder heimischen
Gruppen wie Under Byen und Efterklang positioniert. "Poetisch"
befand Dänemarks führendes Musikorgan "Gaffa"
den Sound von Doi, deren spannendes Debütalbum "Sing the
boy electric" nun auch in Deutschland erscheint.
Mit
den genannten Bands verbindet Doi die Hingabe für epische Soundkollagen
und dramaturgische Spannungsbögen, die sie mit einer irritierenden
Mischung erkennbarer und verfremdeter Instrumente ziehen: elektrische
Gitarre, Glockenspiel, Schlagzeug, singende Säge, Cello.
Martin
Juel Dirkov versucht sich erfolgreich als dänische Antwort auf
Sigur Ros-Frontmann Jonsi Birgisson, während Rasmus Mühlbach
(Drums), Peter Eldrup (Gitarre), Michael Fischer (Keyboards u.a.)
und Caspar Ryttergaard (Bass) ätherischen Soundcollagen bilden.
Im Unterschied zu den unverkennbaren Vorbildern von Sigur Rós
bleiben Doi jedoch im Hier und Jetzt verankert. Wo die Isländer
in eine selbst erfundene Phantasiesprache abtauchen und sich damit
jeder Verständlichkeit entziehen, bleiben die Dänen bodenständig,
gegenständlicher und weniger entrückt.
Ihre
Bildsprache ist jedoch ebenso klar. Doi entfalten einen dichten Klangteppich,
grob gewebt und doch mit sehr vielen Details, die man eher spürt
als hört, was für die Zielsicherheit ihrer Arrangements
spricht, eine Fähigkeit, die mit weiteren Alben noch zunehmen
dürfte. Und dass Aalborg nicht der schlechtesten Ort zum Heranreifen
ist, wissen längst nicht mehr nur die Anhänger des Aquavit.
©
Michael Frost, 10.02.2007