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Niemals Schimpfwörter


Die Unbekümmertheit, mit der immer neue Generationen italienischer Musiker ihre Varianten dieser ganz eigenen italienischen Popmusik vorstellen, von der wir nie genau wissen, ob - und wo - sie die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten, stürzt Musikkritiker diesseits der Alpen regelmäßig in existenzielle Verlegenheit.

Ramazzotti singt Schnulzen ? Ja, und dafür verachtet man ihn, aber niemand singt Schnulzen so wie er, und dafür liebt man ihn (heimlich, versteht sich). Und mit der selben Geschwindigkeit, mit der wir die Altvorderen der italienischen Pop- und Cantautore-Szene kategorisieren und aburteilen, wachsen immer neue Talente nach, zuletzt NEK, und jetzt der 30-jährige Mailänder Davide de Marinis, dessen Album "Quello che ho" gerade erstmals in Deutschland vorgestellt wurde, und von dem man bald sicher noch mehr zu hören bekommen wird: Wahrscheinlich demnächst als Hintergrundmusik in jeder Pizzeria, und das wäre so ziemlich das Schlimmste, was ihm passieren könnte.

Bereits mit 15 begann Davide de Marinis, eigene Lieder zu komponieren, schlug sich wie Millionen andere Jugendliche in Europa mit Jobs als Kellner, Fahrer und Schuhverkäufer durch, bis er schließlich seine ersten Festival-Erfolge als Musiker erreichte. Insbesondere die Teilnahme am Song-Festival von San Remo, DEM musikalischen Ereignis in Italien, bescherte ihm Einladungen zu weiteren Auftritten in Radio und TV-Stationen.

In seinen Liedern erzählt er Alltagsgeschichten, Träume, Hoffnungen und Sehnsüchte, ungekünstelt, natürlich und sympathisch. Die schmissige Pop-Nummer "Troppo bella", in Italien bereits ein Überraschungserfolg, könnte auch bei uns ein Radio-Hit werden, und auch mit der einen oder anderen Ballade stellt de Marinis ebenso professionelles wie einfühlsames Songwriting unter Beweis, wobei Lieder wie "Se davvero" und "Ciò che cerco" mit ihren souveränen und raffinierten Arrangements besonders gelungen sind.

Im Gegensatz zum abwechlungsreichen und melodiösen Album steht offenbar sein langweiliger Lebensstil: Über de Marinis wird gesagt, dass er weder trinke noch rauche und auch nie Schimpfwörter benutze. Letzteres ist nun wirklich besonders bedauerlich, lässt es sich doch in kaum einer Sprache so herrlich schimpfen wie auf Italienisch - er sollte es mal probieren.

MF / 15.09.2001

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