Der
Rap entstand in den afroamerikanischen Ghettos US-amerikanischer Großstädte
als eine Art Protestkultur. In ihren Texten drückten die Rapper
soziale und politische Missstände aus, die bis dahin von der breiten
Öffentlichkeit unbemerkt geblieben waren. Inzwischen hat der Rap
seinen Siegeszug rund um die Welt angetreten. Während er jedoch
in weiten Teilen durch Trittbrettfahrer und Marketingstrategen seine
politische Relevanz verlor und zum leeren Habitus verkam, haben sich
anderenorts marginalisierte junge Leute seiner bemächtigt und am
Leben erhalten.
Ein
solches, sehr authentisches und glaubwürdiges Rapalbum erreicht
Europas Plattenläden in diesen Tagen aus dem Senegal. Daara J,
die ersten Rapper des westafrikanischen Landes, aus dem auch Weltmusik-Star
Youssou N'Dour ("7 Seconds") stammt, veröffentlichten
ihr erstes Album bereits 1994. Ihr aktuelles Album heißt "Boomerang",
und als solchen bezeichnet das Trio den Rap selbst. Der sei nämlich
gar nicht in Amerika, sondern in Afrika entstanden, von dort lediglich
exportiert worden - und nun kehre er an seinen Ursprung zurück:
"Made in Africa".
An
Selbstbewusstsein mangelt es den drei Musikern nicht. N'Dango D, Aladji
Man und Faada Freddy entwickeln den Rap auf der Grundlage afrikanischer
Musikkulturen weiter und mixen ihn mit Soul und Funk, dem französischen
Hiphop eines MCSolaar und lateinamerikanischen Sounds. Roots und Vokalharmonien
machen "Boomerang" zu einem rhythmusbetonten Album, das
weit weniger finster klingt als vergleichbare Produktionene ihrer
amerikanischen Kollegen, im Gegensatz zu den ungemein ernsten Themen,
die Daara J in ihren Texten ansprechen: von der Flucht vieler Senegalesen
ins Ausland ("Exodus"), von Kriminalität und Armut,
aber auch von der Hoffnung in die junge Generation des Landes, die
sich mit den Misständen nicht länger abfinden werde ("Esperanza").
Einige
illustre Gäste bat die Band zur Produktion dazu, darunter Rokia
Traoré, gefeierte Sängerin aus Mali ("Le Cycle")
und der Salsa-Punker Sergent Garcia ("Esperanza"). Ihre
Teilnahme sorgt für zusätzliche Höhepunkte, doch auch
ohne sie verdiente das Album höchste Aufmerksamkeit. Mit "Boomerang"
nämlich kehrt der Rap nicht nur geografisch in seine Heimat zurück,
Daara J geben ihm auch seine Inhalte zurück.
©
Michael Frost, 13. Februar 2004