Schon
ihr Debütalbum sprengte den Rahmen. "The Concretes",
dieses anarchische Oktett aus Schweden, wollte einfach in keine Schublade
passen. Rodeo, Kirmeswalzer, schmachtender Engtanz und Ringelreihen
zur Mittsommernacht - die Musik dieser sensationellen Band lässt
einfach keine Party aus. Und wenn die Acht das Gefühl haben,
ihrem Sound fehle noch etwas, dann holen sie einfach noch einen bis
zwanzig weitere Musiker dazu, und dann geht's los.
Jetzt
haben sie es ein zweites Mal getan, und diesmal sogar in Farbe ("In
colour"). Völlig unbeschwert und hemmungslos wurde in den
Farbkasten gegriffen und drauflos gemalt: Rock, Pop, Country, Folk,
Walzer, Punk und Polka - für The Concretes ist das ganze Jahr
Karneval. "Ja, aber ..." mögen sauertöpfische
Journalisten einwenden, "was ist die Botschaft...?" - "Welche
Botschaft ?", würden The Concretes ihnen Achsel zuckend
entgegnen.
Denn
der rote Faden des Albums liegt nicht etwa in der Festlegung auf einen
bestimmten Stil, sondern in dem mitreißenden Temperament und
der guten Laune, die es unablässig verbreitet, sowohl in den
langsameren Schunkelsongs ("Your call") als auch in den
witzigen Partyrhythmen ("Ooh la la") und charmantem Retropop
("Fiction"). Hauptsache, es ist alles schön bunt.
Zu
diesem Zweck ist den acht Concretes praktisch jedes Mittel recht.
Martin Hansson (Bass), Lisa Milberg (Drums, Gesang), Daniel Värjö
(Gitarre, Mandoline) Maria Eriksson (Gesang, Gitarre) Victoria Bergsman
(Gesang, Percussions), Per Nyström (Orgel), Ulrik Karlsson und
Ludvig Rylander (Blas- und Tasteninstrumente) haben vor Kitsch keine
Angst, und sie schrecken auch vor lärmenden E-Gitarren nicht
zurück.
Dazwischen
bewegen sich ihre unzähligen Gastmusiker, die sie kurzer Hand
zu "Concretes Ehren halber" ernannten, mit Geigen, Posaunen,
Flöten und so ziemlich allem, woraus sich Töne erzeugen
lassen.
Das
Ergebnis könnte charmanter nicht sein. The Concretes "in
color" ist genauso entwaffnend wie sein Vorgänger, und langsam
wird aus der Ahnung Gewissheit, dass dieses ungewöhnliche Klangkollektiv
eines der letzten Phänomene der Popmusik ist, weil es sich standhaft
und souverän weigert, in gängige Schemata gepresst zu werden.*
*Das
gilt selbst für unser gewohntes Layout, das wir zu Ehren der
Concretes ändern mussten, um Ihnen das Foto der acht Erleuchteten
nicht vorenthalten zu müssen.
©
Michael Frost, 08.04.2006