Je
unscheinbar die Aufmachung, desto auffälliger der Inhalt. Diesem
Gedanken muss der Verantwortliche des Samplers "Companionship"
gefolgt sein, als er die prickelnde Mischung norwegischer, schwedischer
und dänischer Jazz-Acts zusammenstellte. "DJ Wunderbaum",
so der etwas geschmacklose Titel des Machers ("Wunderbaum"
heißt auch der nach Chemie riechende Autoduft, der angeblich die
Raumluft verbessert) hat bei seiner Auswahl allerdings einen enorm guten
Riecher gehabt. Kein Wunder, gehört er doch zu den Pionieren und
Förderern der kleinen, aber feinen Freestyle-Szene in Dänemark.
"Companionship",
im Untertitel selbstbewusst "The sound of Scandinavia" bezeichnet,
versammelt tatsächlich einige der innovativsten Projekte des
Nordens. Ihnen gemeinsam ist die enge Verbindung zum Jazz und der
Versuch, diesen in seinen unterschiedlichen Formen mit den aktuellen
Sounds elektronischer Musik zu verbinden.
Allein
drei der vorgestellten Bands, nämlich Swell Session, Ernesto's
und Jol, stammen aus Göteborg. Sie stellen nicht nur aufgrund
ihrer Zahl, sondern vor allem durch ihre Verschiedenheit die Vielfalt
der Szene in Schwedens zweitgrößter Stadt unter Beweis.
Denn während Swell Session auf ruhigen, latin inspirierten Barjazz
mit starker akustischer Komponente setzt, verarbeitet Ernesto's in
seinen Sounds vor allem House, Funk und Breakbeats. Den deutlichsten
elektronischen Akzent der drei Göteborger Bands setzen Jol, die
den Gesang einer radikalen Vocoder-Kur unterziehen und schließlich
wie Kraftwerk klingen, während der jazzige Grundton der Musik
noch gerade erkennbar bleibt.
Fast
alle Titel der "Companionship"-Compilation gehen sofort
ins Ohr - trotz ihres experimentellen Charakters. Sie setzen auf Bekanntes,
lassen sowohl dem Jazz- als auch dem Electronica-Fan seine Hörgewohnheiten
und bauen ihre Sounds auf beiden Richtungen auf.
Wie
auch das Stockholmer Odd Couple nutzt Kahuun aus dem norwegischen
Bergen sein knapp acht Minuten langes Stück für das Festsetzen
eines hypnotischen Beats, der aus den 60er Jahren kommt und in der
Gegenwart endet. Der Weg dahin ist ein psychedelisches Erlebnis, man
trifft auf undefinierbare Trompeten-Soli, Percussions und unverständliches
Gemurmel. Koop aus Stockholm dagegen erreichen das gleiche Maß
an Hypnose mit schmelzendem Gesang (Mikael Sundins) à la Chet
Baker und klassischer Akustik-Besetzung mit Schlagzeug, Klavier, Saxophon
und Percussion, ihr Stück dauert allerdings noch nicht einmal
drei Minuten.
Man
merkt es schon: Companionship ist eine Fundgrube voller Kleinode,
sogar Bossanova gibt es zu entdecken. "A Bossa Electrica",
ebenfalls aus Schweden, versuchen, wie ihr Name sagt, die Fusion von
Elektro und Bossa, was man ihrem Dancefloor-tauglichen "Tombo
in 7/4" allerdings kaum anhört. die 6-köpfige Band
besitzt, wie auch der CD-Begleittext von DJ Eivind Olsvik feststellt,
einigen Respekt vor den Originalsound von Bossanova und Samba. Dennoch
sind sie hemmungslos genug, sich den brasilianischen Rhythmen voll
und ganz hinzugeben. Live dürfte diese Band ein Erlebnis sein.
Der
Däne Tonny Svensson, der sowohl mit seinem Projekt Universal
Funk als auch mit Flemming Fanø zu hören ist, ersetzt
einen Großteil der sonst akustischen Instrumente und erzeugt
leichte Latin-Ryhthmen mit dem Computer. Das klingt zeitgemäß,
wirkt aber zu oberflächlich, um wirkliches Temperament entfalten
zu können.
Anders dagegen Butti49, die mit Percussionbeats und Keyboard den Funk
und Jazz der 70er in die Jetzt-Zeit katapultieren. Gleiches unternimmt
auch der dänische Jazz-Trompeter Lars Vissing alias "Brilliant
corner", dessen Titel "Eternal" vage Erinnerungen an
die Titelmelodien US-amerikanischer Krimiserien aus den 70ern wach
ruft. Er rundet das bunte Porträt der nordischen Szene ab.
Fazit:
"Companionship" ist ein Wegweiser durch die junge und sehr
innovative Szene unserer nördlichen Nachbarn. Auf dem Sampler
befinden sich beeindruckend viele Projekte, deren genauere Erkundung
lohnenswert erscheint. Also: Ohren auf !
Michael
Frost, 14.09.2002