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Coolness statt Kühle


Als T.D. Nicholson im Jahr 2003 seine erste EP veröffentlichte, da nannte er sie "Blue nights in Oslo". Deshalb stand dieser Titel nicht mehr zur Verfügung, als es um einen Namen für den ersten Longplayers ging, der inzwischen international veröffentlicht wurde. Und dabei hätte "Blue nights in Oslo" hervorragend gepasst, weil damit praktisch das gesamte Spektrum Nicholsons bzw. seines Projekts "Cinque Cento" beschrieben werden kann:

Flirrende Electronicasounds treffen cooles Saxophon, nervöse Beats werden vom hintergründigen Gesang einer Frauenstimme beruhigt - es ist round midnight - wer mag, kann noch tanzen, muss aber nicht - Cinque Cento lässt die Wahl und mixt seinen Sound aus Jazz, Soul, Funk und Pop, jeweils in elektronischer Variante.

"Lake Shore Drive", so der wirkliche Titel dieses Debüt-Albums, übt sich einerseits in amerikanischer Gelassenheit und andererseits in italienischem Lebensgefühl ("Cinquecento" ist die Originalbezeichnung des legendären Kleinwagens FIAT 500), und dennoch ist ein fast "typisch" nordisches Album geworden, vergleichbar dem Electro-Experiment von Erlend Øye (Kings of Convenience) oder Bands wie Flunk, Slowpho und Röyksopp. Letztere starteten übrigens, wie auch der Trondheimer T.D. Nicholson ihre Karriere beim norwegischen Independent-Label Beatservice.

Sie alle eint die Fähigkeit, dem oft inhaltsleeren und gefühlskalten Elektro- und Loungesound eine emotionale Dimension zu vergeben. Cinque Cento interpretiert Coolness nicht als Kälte, sondern bezieht die Atmosphäre der Album-Tracks genau aus dem Widerspruch cooler Distanziertheit und emotionaler Anspannung. Die permanente Reibung akustischer und elektronischer Elemente sowie des Gesangs vermeidet gleichförmigen und letztlich austauschbaren Fahrstuhlsound: diese Songs haften, nicht als Ohrwürmer, sondern durch den inneren Zustand, den sie beim Zuhörer erzeugen.

© Michael Frost, 01.04.2005


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