Suchen nach:
In Partnerschaft mit Amazon.de

Alles in Bewegung


Ein Album mit japanischer Straßenmusik ? Wer japanische Straßen nicht kennt, muss sich selbst vorstellen, welche Musik dort wohl gespielt werden könnte. Das, was Cicala Mvta auf ihrem aktuellen Album "Deko-boko" allerdings als Straßenmusik Japans vorstellen, hätte man wohl zu allerletzt erwartet. Schon eher würde man dieses multikulturelle Gemisch aus Polka, Klezmer, New Orleans-Jazz und Balkan-Tänzen in einer Stadt wie New York vermuten, jedenfalls in einem Schmelztiegel der Kulturen und musikalischer Richtungen. Doch als solche gelten japanische Metropolen gemeinhin nicht unbedingt.

Umso größer also die Überraschung: Wataru Okhuma ist Bandleader von "Cicala Mvta", einer anarchischen Kombo mit explosiver Grundstimmung, die auch schon mal als Japans Antwort auf Giora Feidman und das Roma-Blasorchester Fanfare Ciocaria bezeichnet wird. Sie könnten aber auch das Pendant zu den französisch-spanischen Ethno-Punks von "Mano Negra" sein.

Der Bandname ist Italienisch (cicala muta = stumme Zikade) und eine Anspielung auf die vergangenen Zeiten politischer Zensur. Solcherlei Beschränkungen lassen sich Cicala Mvta gewiss nicht auferlegen.

Okhuma, der sowohl Klarinette, Saxophon, Vibraphon als auch Akkordeon spielt, verfügt über einen reichen Erfahrungsschatz. Er greift dabei auf eine besondere Art der japanischen Musik zurück: "Chindon", eine äußerst lebendige, rhythmische und aufsehenerregende Instrumentalmusik, die vor Beginn des Fernsehzeitalters zu Werbezwecken auf den Straßen japanischer Städte gespielt wurde, um auf die Eröffnung eines Geschäfts oder einer Flipperhalle ("Pachinko") hinzuweisen.

Okhuma gehört zu den japanischen Musikern, die sich der Wiederbelebung dieser durch die modernen Massenmedien und ihre ungleich effizienteren Promotionsmöglichkeiten zum Untergang verurteilten Werbeform verschrieben haben. Zutaten aus unterschiedlichen Epochen - der Stilmix reicht von Bela Bartok bis zum Punk - vereinen Cicala Mvta dabei zu einer Art "entmilitarisierter Marschmusik" (tropical music).

Okhoma über das neue Album der Band "Deko-boko":

"Deko-Boko bedeutet konvex-konkav oder hoch und tief. Für mich ist alles so. Die Welt ist dekoboko ! Es ist schwierig einen Zustand, hoch oder tief, beizubehalten. Lediglich mit Hilfe einer Linse ist dies möglich. Ansonsten ist alles in Bewegung."

Michael Frost, 16.03.2002

Tipps zu ähnlichen CDs und Bands:

Mano Negra

[Archiv] [Up]