Eine
Afro-Amerikanerin mit Dreadlocks steht allein mit ihrer Gitarre
vor mehreren zehntausend Zuhörern ganz vorn am Bühnenrand.
Nicht am Rand irgendeiner Bühne, sondern der Londoner Wembley-Arena.
Ihre Melodien zeugen von klaren Harmonien - ihre Texte von klarem
Verstand. Eine Musikerin mit Botschaft, unprätenziös,
ohne Pathos - allein mit fester Stimme und ernsten Geschichten zieht
sie die Zuhörer im Stadion und vor den Fernsehgeräten
in ihren Bann. Es ist das legendäre Benefiz-Ereignis zu Ehren
Nelson Mandelas im Jahr 1988, und es ist der endgültige Durchbruch
von Tracy Chapman, der Liedermacherin und Geschichtenerzählerin
in der Tradition von Joan Armatrading.
Sowohl
ihre sanften Liebeslieder als auch die programmatischen Stücke
wurden große Hits, in den USA und mehr noch in Europa.
Einige
Jahre liegt dieser erste Triumph schon zurück, und doch ist
"Telling Stories" erst das fünfte Studio-Album von
Tracy Chapman. Ruhig und melodisch kommen die Stücke daher,
nachdenklich und besinnlich, vor allem aber sehr privat.
Neben
einigen Liedern über die verloren gegangene Liebe fehlen aber
auch vorsichtige politische Botschaften nicht. Tracy Chapman vermittelt
ihre Aussagen dabei mit Bedacht, ist weit entfernt von programmatischen
Statements. Eher sind es gesungene Gedanken, die sie mitteilt, wie
in "Paper and Ink":
Wie
schon die vorangegangenen vier Alben ist auch "Telling stories"
ein Ereignis, das man sich nicht entgehen lassen sollte, wenn man
es aushalten kann, aus der Oberflächlichkeit entführt
zu werden und die Gedanken treiben zu lassen, denn genau das bewirkt
Tracy Chapman.
"Telling
stories" ist anlässlich der Europa-Tour von Tracy Chapman
im letzten Jahr in einer zweiten Auflage als 2CD-Box erschienen.
Auf der zweiten CD befinden sich hörenswerte Live-Versionen
von "Mountains o'things", "Behind the wall",
des Traditionals "House of the rising sun" und Bob Marleys
"Three little birds" sowie das unvergessene "Baby
can I hold you".
MF
/ 31. März 2001