Suzanne
Vega ist eine der erfolgreichsten Musikerinnen der letzten Jahre.
Sie bereitete eine ganze Bewegung von jungen Frauen vor, die Ende
der 80er / Anfang der 90er Jahre zur Gitarre (oder wie Tori Amos
zum Klavier) griffen und überwiegend sehr persönliche
und direkte Lieder schrieben. Tracy Chapman, P.J. Harvey, eben Tori
Amos und auch Alanis Morrissette sind vermutlich die bekanntesten
Musikerinnen, die Suzanne Vegas Weg folgten.
Geboren
wurde sie 1959 in Kalifornien, doch aufgewachsen ist sie in New
York. Von einer Identitätskrise der Heranwachsenden ist in
den Darstellungen ihres Lebenswegs die Rede: Bis ihr aus Puerto
Rico stammender Vater ihr offenbarte, nicht ihr biologischer Vater
zu sein, war Suzanne davon ausgegangen, zur Hälfte Puertoricanerin
zu sein.
Gitarre
spielen brachte sie sich selbst bei. Ihre ersten Lieder schrieb
sie während ihres Studiums an einer Hochschule für darstellende
Kunst, nach eigener Aussage inspiriert durch Musiker wie Leonard
Cohen und Lou Reed. Finanziell hielt sie sich als Rezeptionisten
über Wasser, während sie ihr erstes Demo-Band aufnahm.
1985 war es dann soweit: "Suzanne Vega", ihr erstes Album
erschien und schlug international sofort ein.
Die
Kritiker waren begeistert und erkoren Suzanne Vega zur Vorreiterin
einer neuen Garde von jungen Musikerinnen, die unverkrampft und
authentisch wirkten - also über die Qualitäten verfügten,
die dem kommerziell hochgezüchteten Musikmarkt fehlte. Bis
Platz 11 der britischen Charts schaffte es "Marlene on the
wall", der erste großte Singlehit der jungen Suzanne
Vega.
"Solitude
standing", Vegas zweites Album, stand dem Debut in nichts nach.
"Luka", das Lied, in dem sie eindringlich aus der Sicht
eines kleinen Jungen über Kindesmissbrauch und Gewalt sang,
bereichterte die Branche um ein gesellschaftspolitisch brisantes
Thema und brachte die öffentliche Diskussion über Gewalt
gegen Kinder ungemein voran.
Ein
weiteres, nicht weniger beeindruckendes Stück von "Solitude
standing" wurde erst nach der Veröffentlichung ihres dritten
Albums ("Days of open hand", 1990), richtig berühmt:
"Tom's Diner". Vega hatte das A-cappella-Stück auf
dem Album veröffentlicht, und jeder liebte es, aber als Single
war es nicht erschienen. Das beginnende Computer-Zeitalter ermöglichte
aber allerlei Spielerei mit der Album-Version, und so kam es, dass
ein Dancepop-Duo namens "DNA" Vegas Stimme mit Beats,
Drums und Synthezisern unterlegte und "Tom's Diner" in
einer für Vega-Puristen irritierenden Disco-Version veröffentlichte
- wohlgemerkt als nicht-autorisiertes Bootleg.
Suzanne
Vega machte gute Miene zum "bösen" Spiel, denn "Tom's
Diner" in der DNA-Version war ungemein erfolgreich und stieg
überall an die Spitze der Charts und wurde so zu ihrem bislang
größten Hit.
99.9
F°, ihr nächstes Studio-Album, markierte eine Abkehr von
den ruhigen, akustisch begleiteten Balladen. Die Lieder boten allerlei
technische Neuerungen und Beats, also insgesamt eine Hinwendung
zum anspruchsvollen Pop, doch an den kommerziellen Erfolg der ersten
Platten konnte 99.9 F° trotz des gereiften Sounds nicht mehr
anknüpfen.
Seitdem
hat sie eine feste Fangemeinde, die ihr in Europa wie in Nordamerika
treu ergeben ist, aber die großen Zeiten der Liedermacherinnen
scheinen zunächst vorüber, der Markt verlangt zurzeit
nicht mehr nach Tiefgang.
Ihr
neues Album hat Suzanne Vega lange angekündigt, und im Herbst
2001 war es dann endlich soweit: "Songs in red and gray"
markiert Vegas Rückkehr zu den Wurzeln von "Tom's Diner"
und "Luca". Treue Fans werden von dem Album begeistert
sein, aber nicht nur solchen hat Suzanne Vega etwas zu sagen.
Die
Musikbranche wäre ohne sie ärmer, und auch wenn die Zeiten
angesichts tänzelnder Pinupgirls wie Britney Spears oder Jennifer
Lopez für ernst zu nehmende Musikerinnen rau geworden sind,
so verdienen - und finden - sie doch immer noch ein umso dankbareres
Publikum.
A.Gris
/ 15. Januar 2001
Update: Michael Frost 22.
September 2001