In
Norwegen ist Kari Bremnes eine Institution, im übrigen Europa gilt
sie dagegen als Geheimtipp. "Es ist so eine Sache mit der Sprache",
sagte sie vor einiger Zeit in einem Interview, doch ihre Bedenken richten
sich weniger gegen die Chance auf eine internationale Karriere mit norwegischen
Chansons als vielmehr gegen ihre Übertragung ins Englische. "Für
mich bedeutet jedes einzelne Wort sehr viel. Es gibt viele Dinge über
eine fremde Sprache, die man nicht weiß, nicht versteht, selbst
wenn man sie gut sprechen kann."
Dennoch
wagt sie einen weiteren Versuch. "You'd have to be here"
ist nach "Norwegian Mood" (2000) ihr zweites Album in englischer
Sprache - aber ihre dreizehnte Albumveröffentlichung insgesamt.
Vielleicht aus Sorge um die Bedeutung ihrer Worte nahm sie die Textübersetzungen
der dreizehn Titel diesmal selbst in die Hand.
"You'd
have to be here" ist das richtige Album zur richtigen Zeit. Kari
Bremnes eröffnet dem Pop eine Zukunft. Die präsente und
warme Stimme reflektiert ihre starke Persönlichkeit. Ihre Lieder
benötigen keine ausgefallenen oder aufwändigen Instrumentierungen.
Derlei Zutaten würden von der Licht durchfluteten Grundstimmung
des Albums, der leichten Melancholie und Tag träumenden Atmosphäre
bloß ablenken. In Nils-Petter Molvær, Startrompeter der
agilen norwegischen Jazz-Szene, findet Kari Bremnes eine kongeniale
Entsprechung - seine Intermezzi unsterstreichen die gefühlvolle
Intensität des Albums. Bemerkenswert ist auch der Einsatz einer
Viola. Deren dunkler Klang sorgt mit der ebenfalls dunklen Färbung
der Stimme von Kari Bremnes für zusätzliche Wärme.
Auch
wenn Kari Bremnes sich mit ihren Songs eher an internationalen Songwritern
wie Suzanne Vega, David Gray oder Joni Mitchell orientiert, so gibt
es doch auch starke skandinavische Elemente in ihrer Musik: die klaren
Linien ihrer Kompositionen, die schlichte Eleganz ihrer Stimme, die
unprätenziöse Lyrik, frei von Kitsch und Pathos, die zeitlose
Schönheit der Arrangements.
Vielleicht
ist die Zeit langsam reif, um endlich auch einmal die Originalversionen
in norwegischer Sprache für den internationalen Markt zu entdecken.
Kari Bremnes, die in Norwegen bereits seit Ende der 80er Jahre für
Popmusik auf höchstem Niveau garantiert, hätte diese Bestätigung
verdient.
©
Michael Frost, 11.10.2003
Zitate:
www.nordische-musik.de/bremnes.html