Sie
kultiviert eine elegante, licht strahlende Form des "Songwritings",
und das in einer Sprache, die außerhalb ihrer Heimat nur von
wenigen verstanden wird: die Norwegerin Kari Bremnes. Mit insgesamt
vierzehn Alben hat sie sich eine beeindruckend große Fangemeinde
ersungen - in Norwegen sowieso, aber auch in Deutschland, trotz der
Sprachbarriere. Sicher, zwischendurch sang sie einige ihrer "viser",
wie es im Norwegischen heißt (die korrekte und ungemein treffende
Übersetzung wäre wohl: "Weisen") mit ins Englische
übersetzten Texten neu ein ("You'd have to be here",
2003), doch die charakteristische Sprechmelodie des Norwegischen ging
darüber verloren.
Das
Publikum, so auch während der Tournee, die Kari Bremnes im vergangenen
Winter durch Norwegen und Deutschland absolvierte, ist, auch dank
ihres Werks, längst reif für die unbekannte Sprache, zumal,
wenn sie so lautmalerisch, sinnlich und bedachtvoll vorgetragen wird.
Kari Bremnes vereint in ihrer Musik - und in ihrer Stimme - zudem
die Merkmale von Songwriter-Pop, Chanson, Jazz und nordischer Gesangstradition.
Sie lädt zum Träumen ein, entführt in die majestätischen
Weiten ihrer Heimat, manchmal aber auch ins eigene Herz. Dabei rührt
sie an, ohne rührselig zu werden, denn sie wahrt immer einen
Moment der Distanz zu sich selbst, der es auch dem Publikum ermöglicht,
sich gewissermaßen durch die Musik zu reflektieren.
"Reise"
heißt das nunmehr fünfzehnte Album von Kari Bremnes, das
Liveaufnahmen der erwähnten Tournee enthält. Begleitet von
Bengt Hanssen (Keyboards), Helge Norbakken (Percussion), Halgrim Brattberg
(Gitarre), Sondre Meisfjord (Bass) stellte sie nicht nur "viser"
ihres aktuellen Studioalbums "Over en by" (Über einer
Stadt) vor, sondern Stationen ihres umfangreichen Repertoires, darunter
auch "Skrik" und "Søvngjengerksen", zwei
Gedichte des Malers Edvard Munch, die Ketil Bjørnstad für
Bremnes' Album "Løsrivelse" (1993) vertont hatte.
Die
Musiker agieren harmonisch und zurückhaltend, bestechen durch
die klare und transparente Linienführung der Arrangements, und
sie erzielen umso größere atmosphärische Wirkung,
je mehr Zurückhaltung sie üben. Oft begleitet nur ein einzelnes
Instrument die souveräne, glasklare und warme Stimme von Kari
Bremnes, oder Sondre Meisfjord setzt zu einem kraftvollen Gesang im
Hintergrund an, der seinen Ursprung im traditionellen joiken'
der Sami hat. In diesen Momenten versinkt das Publikum förmlich
in der Musik, und selbst beim Hören der CD kann dieser Zauber
nachempfunden werden - auch wenn sie das direkte Erlebnis natürlich
nicht ersetzen kann und will.
Und
so geht Kari Bremnes also schon bald auf eine neue "Reise".
Die wird sie auch wieder nach Deutschland führen. Acht Konzerte
sind für den Januar 2007 geplant, außerdem eines in der
Schweiz, im Frühjahr sollen weitere Termine folgen. Ihre Anhänger
erwarten sie schon: die eleganteste unter den nordischen "Songwriterinnen".
©
Michael Frost, 24.11.2007