"Der
verkörperte Popsong im Barkleid" schrieben Kritiker (kreuz.com)
über Lisa Bassenge. Pop ? Eher hört man Blues und Jazz.
Aber Pop ?
Dennoch.
Einzelne Texpassagen glaubt man zu kennen, und ein Blick auf die Titelliste
ihres Albums "A sigh - A song" verschafft Klarheit: "Are
you lonesome tonight", "It's now or never", im Original
von Elvis Presley, "My heart belongs to Daddy" (Marilyn
Monroe) finden sich dort in einträchtiger Harmonie mit Depeche
Modes Industrial-Knaller "Shake the disease" oder Rio Reisers
verträumtem "Junimond".
Natürlich
wurden alle Titel komplett umarrangiert, um nicht zu sagen: zerlegt,
um sie schließlich mit sparsamster Instrumentierung neu einzuspielen
- vollkommen neu.
Zum
Trio gehören neben Sängerin Lisa Bassenge Bassist Paul Kleber
und Pianist Andreas Schmidt. Letzterer zeichnet für die herausragenden
Arrangements verantwortlich, also für das Ergebnis eines Prozesses,
der von Lisa Bassenge als "Dekonstruktion" bezeichnet wird.
"Oft kommen durch das Skellettieren von so fetten Produktionen,
wie etwa bei dem Kylie Minogue-Song 'Can't you get out of my head'
oder Madonnas 'Like a virgin' auf dem letzten Album, echte Schätze
zum Vorschein."
Ohne
Zweifel. Mit ihrer sanft hingehauchten Stimme veredelt Lisa Bassenge
so manchen längst abgeschriebenen Klassiker. Wer hätte vermutet,
was sich aus "Blue suede shoes" an tiefsinnigem Feingefühl
herausholen lässt, und ebenso begeisternd ist, wie manche Schmonzette,
beispielsweise Dean Martins unverwüstliches "Everybody loves
somebody", von allem Schmalz befreit, als melancholisch-gefühlvolle
Ballade ihre Wiederauferstehung feiert.
"A
sigh a song" ist das zweite Album des Trios, das 1995 in Berlin
zusammenfand. Der SFB ermöglichte 2000 die Studioaufnahmne zu
"Going home", dem CD-Debüt des Lisa Bassenge Trio.
Der Erfolg des Albums bei Publikum und Feuilleton bestärkte Bassenge,
Schmidt und Kleber, den begonnenen Weg weiter zu gehen.
Neben
den bereits beschriebenen Neueinspielungen, die den Rahmen üblicher
"Cover"-Versionen sprengen, enthält das Album auch
eine hoffnungsvolle Eigenkomposition: "A sigh a song", ein
Seufzer, ein Lied, der Titelsong des Albums.
Wirklich
seufzen wird man aber erst zum Ende des Albums: eben weil es zu Ende
ist. Rettung verspricht allein die "Repeat"-Taste: Nach
dem Seufzer ist vor dem Lied.
Michael
Frost, 07. September 2002