Ihre
Zusammensetzung ist - trotz der großen Zahl der Mitglieder - über
die Jahre konstant geblieben. Geändert hat sich dagegen der Name:
Aus dem "Afro Celt Sound System" wurden die "Afro Celts".
Die zehn Bandmitglieder um das Produzententeam aus James McNally, Simon
Emmerson und Martin Russell gehören zu den profiliertesten Vertretern
einer Richtung innerhalb der Weltmusik, die sich weniger einem bestimmten,
sondern vielmehr einer Fusion von Einflüssen aus allen nur denkbaren
Himmelsrichtungen verschrieben.
Was
mit der Verbindung afrikanischer und irisch-keltischer Rhythmik und
Melodien begann, wurde in der Tat schnell ein regelrechtes "Sound
System" mit unverkennbar eigenem Klang, an dem sich wichtige
Gastmusiker wie Sinead O'Connor, Peter Gabriel oder Robert Plant beteiligten.
Aus
dem geschlossenen System wurde nunmehr eine Vielzahl von Mixturen
unterschiedlicher Herkunft mit offenem Charakter. Auf "Seed",
dem ersten Album, das mit dem neuen Bandnamen erscheint, unterlegen
Dancefloorbeats Percussions, Synthesizer und Flamencogitarre (gespielt
von dem kanadischen Gitarristen Jesse Cook). Als Gastsängerin
glänzt u.a. die Brasilianerin Nina Miranda (Smoke City).
Die
Afro Celts experimentieren auf "Seed" stark mit elektronischen
Spielereien, die ihnen einen Brückenschlag zwischen traditioneller
Folklore und aktuellen Strömungen in Pop und Dance ermöglichen.
Nur selten ist die Herkunft einzelner Songs deshalb noch so eindeutig
festzumachen wie etwa bei "Ayub's Song/As you were", das
einem afrikanischen Rhythmus folgt, im Verlauf aber mit Elementen
irischer Jigs angereichert wird - eine typische Herangehensweise für
das frühere "Sound System", auf "Seed" aber
eine Ausnahme.
Für
den neuen Klang der Afro Celts steht eher ein Titel wie "Rise",
das nach einem ambient-orientierten Intro und afrikanischem Gesang
schließlich in eine veritable Rocknummer mündet (gesungen
vom dem irischen Rocksänger Mundy), ergänzt um ein Breakbeat-Intermezzo,
ein Solo der irisch-amerikanischen Geigerin Eileen Ivers und den Backgroundchor
von Ms. Dynamite. Die Reichhaltigkeit der zur Verfügung stehenden
Elemente wird von den Afrocelts zu einem Sound von schier überbordender
Energie und Schwindel erregendem Temperament verknüpft.
Die
Neuorientierung war aus künstlerischer Sicht ein mutiger, aber
vor allem ein kluger Schritt. Wer die Offenheit seines Sounds zum
Prinzip erhebt, muss sich um das künftige Repertoire keine Sorgen
machen: Der gesamte kulturelle Reichtum der Welt steht den Afrocelts
offen.
©
Michael Frost, 15.04.2003