Ulita
Knaus geht einen anderen Weg. Die 34-jährige
Wahlhamburgerin hat mit Latin-Orchestern, mit Jazz-Trios, oder auch
mit Udo Lindenberg zusammengearbeitet. Nach ihrem Solo-Debüt "Cuisa"
(2002) liegt jetzt ihr zweites eigenes Album vor. Sie kennt und liebt
ebenfalls das Poppig-Sentimentale ("Summer green eyes"), und
doch wagt sie, musikalisch gegen den Trend zum Gefälligen anzugehen.
Ihre Stimme hat nicht die vibrierende Kraft und Farbigkeit von Viktoria
Tolstoy, im ersten Moment klingt sie glatter, sauberer, aber hinter
der polierten Fassade mischt sie Wärme und Coolness.
Das
Ergebnis ist ein klarer, feiner, niemals koketter Ton, der spielend
zwischen Alt und Sopran changiert. Was ihr an "magischem"
Timbre fehlt, macht sie wett mit der Musikalität ihrer Lieder und
Arrangements, die nicht nur thematisch dunkel sind, - es geht in ihren
sehr persönlichen Texten um Angst, Enttäuschung, Depression
-, sondern sich in ihren melodischen, harmonischen und rhythmischen
Strukturen dem Eingängigen verweigern.
Das
Quartett von Ulita Knaus - Mischa Schumann (Piano), Gerold Donker (Bass),
Heinz Lichius (Drums) - überrascht mit einem gut ausbalancierten
Zusammenspiel, in dem die Sängerin die vierte Stimme übernimmt.
Damit versteht sie sich - wie Cassandra Wilson - weniger als Solistin
denn als Vokalistin, die in vielen ihrer 12 Titel in einen konzentrierten
Scat-Gesang übergeht, der in seiner geläufigen Eleganz eine
kleine Hommage an Ella Fitzgerald darstellen dürfte.
Nein,
Ulita Knaus hat und ist keine "schwarze Stimme". Ihre Songs
jedoch leben von einer tiefen Tristesse, einer coolen Melancholie, die
sie hinter locker swingenden Rhythmen versteckt, sie leben von einfühlsamen
Soli auf Saxofon (Gabriel Coburger), Trompete (Claus Stötter) und
Gitarre (Sven Kerschek) , sie leben vom überraschenden Wechsel
zwischen elegischem Balladenton und lässig herbeizitiertem Bebop.
Fast programmatisch ist die ungewöhnliche - und aufregende - Version
von Jimi Hendrix "Manic depression", in dem der Arrangeur
Mischa Schumann das Thema auf dem Klavier als dissonante Akkordfolge
anlegt und die Sängerin in tiefer Stimmlage sich geradezu frei
singt.
Das
dunkelste Stück des Albums ist "Dark veils". Hier wird
die Stimme von Ulita Knaus am Ende ganz zum Instrument, das über
einem bedrohlich ostinaten Bass-Rhythmus - im Scat-Duo mit dem Saxofon
- die Tiefen der Einsamkeit beschwört. Herzzerreissend kühl
ist diese Musik, sehr leise und am Ende - mit dem Standard "When
I fall in love" - unendlich langsam und trostlos intensiv. "so
lost like peace" ist ein mutiges Album, das genaues Hinhören
verlangt und langsam entdeckt werden will.
©
Hans Happel, 14. Februar 2004