Die
Lieder erzählen vom trostlosen Ghettoalltag und von den verzweifelten
Versuchen der Ghettobewohnern, die eigene Würde zu bewahren, gegen
die Angst anzukämpfen und auch angesichts des grausamen Terrors
der deutschen Gewaltherrschaft den Lebensmut nicht zu verlieren und
sich die Hoffnung auf Rettung zu bewahren.
Die
bei "Winter & Winter" erschienene, aufwändig gestaltete
Ausgabe von "Dus gezang fin Geto Lodzh" ("Song of the
Lodz Ghetto") enthält neben den erläuternden Linernotes
sämtliche Liedertexte in Jiddisch, Deutsch, Englisch und Hebräisch.
"Makh tsi di eygelekh" (Mach zu die Äugelein)lautet der
Titel eines Kinderlieds.
"Man
hat uns nackt und bloß
Von unserem Haus weggejagt
In der Finsternis
Trieb man uns ins Feld
Und Sturm, Hagel, Wind
haben uns begleitet, mein Kind
Begleitet in den Abgrund der Welt."
Die
Menschen, so die furchtbare Erkenntnis, haben gesungen, obwohl sie wussten,
dass sie nicht überleben würden. Die meisten Bewohner des
Ghettos starben in den Gaskammern der Vernichtungslager von Auchwitz-Birkenau
und Chelmno oder an den Folgen der jahrelangen Zwangsarbeit. Aufgelöst
wurde das Ghetto erst im August 1944 angesichts des Vorrückens
der Roten Armee. Die verbliebenen 60.000 Bewohner des Ghettos wurden
nach Auschwitz deportiert. Als die sowjetischen Soldaten im Januar 1945
in Lodz eintrafen, fanden sie dort nur noch 850 Überlebende vor.
Im Dezember 1941 hatte das Ghetto von Lodz noch mehr als 160.000 Einwohner
gezählt.
"Singen
um zu überleben", das kann angesichts der unfassbaren Ausmaße
des Grauens nur bedeuten, das Gedenken der Opfer zu bewahren. Die Arbeit
wider das Vergessen, die dieser CD-Veröffentlichung zugrunde liegt,
kann deshalb nicht hoch genug gewürdigt werden.
©
Michael Frost, 23. Juli 2005