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Jenseits von
Raum und Zeit


Er war der Grandseigneur der französischen Chanson-Szene. In seinen letzten Lebensjahren hätte er schon aufgrund seines hohen Alters Mitglied des Buena Vista Social Clubs sein können. Der 1917 geborene Henri Salvador aber ist kein Kubaner, sondern kommt in Cayenne, der Hauptstadt von Französisch-Guyana zur Welt. Sein Vater ist gebürtiger Spanier, seine Mutter stammt aus der Karibik.

Als Jugendlicher und junger Erwachsener erlebte er fasziniert die Entstehung und die Ausbreitung neuer aufregender Musikstile; Duke Ellington und Louis Armstrong, deren Musik in ihm den Wunsch weckten, selbst Jazz-Musiker zu werden. Er lernte Trompete und Geige, brachte sich das Gitarrespielen selbst bei und erhielt 1933 sein erstes Engagement in Paris, wenig später stand er bereits mit dem großen Django Reinhardt auf der Bühne. Orchester-Arrangements während des 2. Weltkrieges führten ihn 1941/42 nach Südamerika zurück, bis er schließlich nach 1945, wieder zurück in Frankreich, in Paris sein eigenes Orchester gründete und 1947 seine erste Platte veröffentlichte: "Maladie d'amour".

Seitdem hat er mit allen, die in- und außerhalb Frankreichs Rang und Namen haben, zusammengearbeitet, darunter Boris Vian, mit dem er bis zu dessen Tod 1959 insgesamt 400 Titel gemeinsam komponierte. Seine Welt war der Bebop, der Rock'n'Roll, zu dessen französischen Pionieren er sich zählen darf, die Jazz-Clubs von Saint Germain, in die er Ende der 1980er Jahre zurückkehrt.

Salvador war von Anfang an auch auf den Fernsehbildschirmen präsent. Er trat in Fernsehshows in Frankreich und Italien auf, wurde 1975 Conferencier seiner eigenen Show im französischen Fernsehen - die Erfolge, die Preise, die Platten, sie sind unzählig und machten Henri Salvador schon zu Lebzeiten zur Legende.

Jüngeren Musikhörern im In- und Ausland wurde er erst vor wenigen Jahren ein Begriff: Nach einer kurzen Ruhepause meldete Henri Salvador sich 2000, im stolzen Alter von 83 Jahren, mit seinem neuesten Projekt, einem Album namens "Chambre avec vue" (Zimmer mit Aussicht) zurück. Die dreizehn Titel dieses umwerfend schönen und wiederum enorm erfolgreichen Albums bilden eine harmonische Mixtur zwischen klassischem Chanson und brasilianischer Bossanova, sind hervorragend arrangiert und interpretiert. Wie auch bei seinen kubanischen Kollegen vom Buena Vista Social Club hört man ihm sein Alter in keiner Zeile an, sehr wohl aber die Erfahrung und die Reife, mit der er seine Lieder vorträgt.

"Chambre avec vue", das u.a. Kompositionen von Art Mengo und Thomas Dutronc, Sohn von Françoise Hardy und Jacques Dutronc enthält, übrigens auch ein Duett mit der Hardy, besticht durch die sensiblen Interpretationen eines Musikers, der im Verlauf seiner einzigartigen und grandiosen Karriere längst Raum und Zeit hinter sich gelassen hat. Die jungen Nachwuchskünstler Keren Ann und Benjamin Biolay legten durch ihre Arbeit mit Salvador auch den Grundstein für ihre eigene Karriere. Salvador bescherte das Album einen zweiten Karrierefrühling, den er mit dem später folgenden "Ma chère et tendre" bestätigte. 2006 konnte er sich dann den Traum erfüllen, ein komplettes Album als Hommage an die von ihm so verehrten Weggefährten der brasilianischen Musik zu produzieren. Noch einmal machte er sich dafür auf den Weg nach Südamerika.

Nun, am 13. Februar 2008, ist Henri Salvador im Alter von 90 Jahren gestorben. Die Musikwelt wird die Erinnerung an seinen eleganten Charme bewahren.

© A. Gris / 15.12.2001
Update: Michael Frost, 13. Februar 2008

 

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