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Mit Zähigkeit zum Ziel


K.D. Lang ist eine zähe Frau, geradlinig und wenig kompromissbereit, wenn es darum geht, ihre kreativen Ideen durchzusetzen oder ihre Meinung zu vertreten. Öffentlichkeit, Plattenfirma und Marketing-Gesetze scheren sie herzlich wenig, und wenn sie anders wäre, dann wäre aus ihr niemals der Star geworden, der sie heute ist.

Denn jeder hätte ihr, der selbstbewusst und offen als Lesbe lebenden Musikerin, vehement davon abgeraten, ausgerechnet Country zu singen - diese so in der Marlboro-Man-Romantik verwurzelte Cowboy-Musik, die nach allgemeinen Vorurteilen vorwiegend in den Dörfern und Kleinstädten der US-amerikanischen Südstaaten ihr Zuhause hat; wo es noch richtige Männer gibt und nicht nur Waschlappen, wo der Sheriff und die Regierungsgewalt ein Witz sind, weil man nach alter Pionier-Tradition die Probleme in der Mittagssonne vor dem Saloon unter sich löst, wo Anhänger der Demokratischen Partei zu einer bedrohten Minderheit gehören - kurzum, wo die Welt noch in Ordnung ist und Homosexualität und Vegetarismus wahlweise als Ost- oder Westküstenseuche gelten.

K.D. Lang ist das egal, seit sie während einer Schulaufführung über das Leben der Country-Ikone Patsy Cline ihre Leidenschaft für die Western-Gitarre entdeckte. Die Kanadierin nahm ihre erste Platte 1983 auf ("Friday Dance Promenade") und tourte damit erstmals durch die Country-Clubs. Auf das zweite Album "A truly western experience" folgt der erste große Plattenvertrag, der zu ihrem 86er Album "Angel with a lariat" führt:

Der ansonsten erfolgreichen Platte bleiben die höheren Weihen aus dem Mekka des Country versagt. Man nimmt K.D. Lang, die mit dem Genre spielt, es ironisiert und mit anderen Stilen variiert, als Country-Sängerin zunächst nicht ernst. Das ändert sich, als sie für ihr 1989 veröffentlichtes Album "Absolute torch and twang" den Grammy als beste Country-Sängerin erhält.

Aufgrund ihres anschließende Albums "Ingenuine", einem reinen Pop-Album, wird sie künftig als Grenzgängerin zwischen Pop und Country wahrgenommen, was ihren Erfolg in den USA und Kanada enorm befördert. Aber Bequemlichkeit war nie ihr Ziel. Mit radikalen Statements gegen das Essen von Fleisch und ihrem Outing schreckt sie die Öffentlichkeit auf - aber nicht ab. Selbst das konservative Country-Establishment mag sie nicht mehr fallen lassen - K.D. Lang siegt auf ganzer Linie.

Aber anstatt den erfolgreichen Weg weiter zu gehen, wirkt sie zu Beginn der 90er Jahre in Filmproduktionen mit, so 1991 in Percy Adlons "Salmonberries" als Schauspielerin und 1993 als Soundtrack-Komponistin für "Even cowgirls get the blues". Daneben beteiligt sie sich an Benefiz-Platten für den Kampf gegen AIDS: Auf "Red Hot + Blue", einem Tribut-Album zu Ehren von Cole Porter, ist sie mit der Ballade "So in love" vertreten, und auf "Onda Sonora", einer weiteren Aufnahme der "Red Hot"-Reihe, singt sie sogar einen Lissabonner Fado ("Fado Hílario") auf Portugiesisch - und gar nicht mal schlecht ...

Auf zwei weitere CDs, "All you can eat" von 1995 und "Drag" (1997) folgt eine längere Pause. K.D. Lang zieht nach Los Angeles, lernt Madonna kennen, die ihr empfiehlt, sich doch für die Produktion der nächsten Platte mal an William Orbit zu wenden, der sie daraufhin mit Damian le Gassick zusammenbringt.

Das Ergebnis heißt "Invincible summer", wurde 2000 veröffentlicht und ist wohl ihr bis dato ausgereiftestes Werk. Die Meinung der Kritiker jedenfalls ist einhellig: Der überraschende Stilmix von Country, ruhigem Bossa Nova und anderen Latin-Klängen überzeugt erneut und findet Anklang auch bei denen, die sonst mit Country nichts am (Cowboy-)Hut haben.

© Michael Frost, 21. November 2000

 

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