Jovanottis
Herkunft deutet nicht unbedingt darauf hin, dass aus ihm einmal
der bekannteste Rap-Star Italiens werden würde. Die Mutter
des am 26. September 1966 in Rom als Lorenzo Cherubini geborenen
Jovanotti war Antiquarin, sein Vater in Diensten des Vatikans.
Doch
Lorenzo fühlte sich schon in frühester Jugend mit der
Musik verbunden, legte Platten in Diskos auf und sammelte so erste
Erfahrungen am Mischpult, die er künftig noch brauchen sollte.
Später
arbeitete er in Rom als DJ und Radiomoderator, wo er Mitte der
80er Jahre für die weitere Karriere entdeckt wurde. Dem Hiphop
war in Italien vor Jovanotti nicht unbedingt viel Beachtung geschenkt
worden. Er machte ihn durch seine Radiosendungen, später
auch durch seine eigenen Lieder in Italien bekannt.
1989
nahm er am Songfestival von San Remo teil, mit "La mia moto".
Vom gleichnamigen Album setzte er sensationelle 600.000 Exemplare
ab - ein Star war geboren.
Neben
der Musik arbeitete Jovanotti zunächst auch fürs Fernsehen
und veröffentlichte außerdem ein eigenes Buch "Yo,
brothers and sisters". Er ließ sich nicht auf den Hiphop
festlegen. "Giovani Jovanotti", sein 91er Album, war
weit vom Rap entfernt, und auch später veröffentlichte
er keine reinen Rap- bzw. Hiphop-Alben, sondern suchte seine musikalischen
Wurzeln in den verschiedensten Stilrichtungen.
1992
bezog er mit der Single "Cuore" (Herz) Stellung zur
innenpolitischen Situation in Italien, kurz nach der Ermordung
der engagierten Richter Falcone und Borsellino in Sizilien, auf
dessen Anti-Mafia-Ermittlungen sich die Hoffnungen der ganzen
Nation gerichtet hatten.
Mit
dem folgenden Album "Lorenzo 1992" festigte Jovanotti
seinen Erfolg und ging gemeinsam mit dem berühmten Cantautore
Luca Carboni auf große Italien-Tour. Carboni veröffentlichte
Live-Mitschnitte der Konzerte auf seinem Album "Diario".
Auch mit Gianna Nannini arbeitete er: "Radio Baccano"
heißt das Ergebnis.
Auch
die Singles zum 92er Album wurden erfolgreich, aber zwei Jahre
später durch die Titel von "Lorenzo 1994" übertroffen.
"Serenata rap", ein ungemein rhythmisches und melodisches
Liebeslied, machte ihn weit über Italien hinaus bekannt,
bescherte ihm aber den Stempel des "Italo-Rappers",
Segen und Fluch zugleich ...
Zur
Promotion des Albums tourte er, zunächst allein, dann gemeinsam
mit Pino Daniele und Eros Ramazzotti, durch Italien und Europa,
fand nebenher aber noch Zeit zur Veröffentlichung seines
zweiten Buches "Cherubini" und zur Gründung seines
eigenen Platten-Labels "soleluna". Den selben Namen
trägt seither auch seine Website, die man unbedingt gesehen
haben sollte (Link im schwarzen Info-Kasten).
Auf
seinem Album "Lorenzo 1990-1995 Raccolta" dokumentierte
Jovanotti die ersten fünf Jahre seiner Karriere. Die CD enthielt
auch zwei neue Titel, darunter das fantastische "L'ombelico
del mondo", bei dem Trommler à la "Olodum"
den Takt vorgeben. Die Trommeln kündeten außerdem bereits
von einem Wandel, den Jovanotti zwei Jahre später mit seinem
Album "L'Albero" vollzog:
"L'Albero"
ist ein multi-ethnisches Konzept-Album, auf dem Jovanotti Eindrücke
ausgedehnter Reisen dokumentiert, und so wandern die Lieder zwischen
den Kontinenten vom Amazonas-Regenwald über den afrikanischen
Busch bis zu den Ureinwohnern Australiens, lassen aber selbst
Freejazz-Experimente nicht aus. "L'Albero" ist beeindruckendes
Zeugnis von Jovanottis Dynamik, reif, durchdacht, ambitioniert
und intellektuell, aber auch ein Risiko, weil er sich vom Stil
des "Serenata rap" weiter entfernte - aber die Fans
in Italien folgten ihm mit Enthusiasmus. Im übrigen Europa
dagegen konnte er kommerziell nicht an den Erfolg von "Serenata
rap" anknüpfen: Seine aktuellen Album entsprechen vermutlich
nicht den gängigen Italien-Klischees.
Aber
der rastlose Jovanotti hatte sowieso andere Pläne: Nach einer
aufwendigen Tour wandte er sich anderen Künsten zu. 1998
stellte er in Brescia erstmals seine Gemälde aus, dann versuchte
er sich in "I giardini dell'Eden" von Alessandro d'Alatri
als Schauspieler, coverte für das AIDS-Benefiz-Album "Red
Hot + Rhapsody" George Gershwins "I got rhythm",
beteiligte sich schließlich an einem Solidaritätsprojekt
für den Bau eines Krankenhauses zugunsten der "Zapatistas"
in der mexikanischen Provinz Chiapas und fand außerdem noch
Zeit zur Veröffentlichung seines dritten Buchs "Il grande
boh", einem Reisetagebuch.
Auch
privat blieb ihm das Glück treu: Mit seiner Lebensgefährtin
bekam er eine Tochter und seitdem schreibt Jovanotti - wie jeder
gute italienische Musiker - auch Kinderlieder ("Per te"),
zu hören auf seinem bislang letzten Studioalbum "Capo
Horn" von 1999.
Ansonsten
knüpft "Capo Horn" an seinen Vorgänger "L'albero"
an, ist eine Art musikalische Dokumentation auf dem Weg zwischen
Rom und Patagonien, spannend und voller überraschender Wendungen.
Seit
"Capo Horn" setzt Jovanotti seine politischen Projekte
fort. Gemeinsam mit Ligabue und Piero Pelù komponierte
er für eine Kampagne gegen die Opfer von Krieg und Landminen,
und letztlich schreckte er die Spaßgesellschaft vom San
Remo-Festival auf, als er dort mit einem eigens für das Festival
geschriebenen Lied "Cancella il debito" (Streicht die
Schulden) auftrat, seinem Beitrag zur internationalen "Drop
the debt"-Kampagne für den Schuldenerlass der ärmsten
Länder der so genannten "3. Welt".
Im
Rahmen dieser Kampagne kam es am Rande des Festivals auch zu einer
Unterredung zwischen Jovanotti und Bono (U2) und dem damaligen
italienischen Ministerpräsidenten Massimo d'Alema.
Und
nun ? - Im Dezember 2000 machte sich Jovanotti auf seiner Website
über den schleppenden Verkauf seines neuen Doppelalbums "Lorenzo
live - Autobiografia di una festa" lustig. Die CD hatte sich
nur drei Wochen unter den italienischen Top 50 halten können,
in Deutschland kann sie bis heute nur als Import bezogen werden.
"Alle anderen CDs feiern Weihnachten in neuen CD-Spielern,
nur meine liegen wie Blei im Lager", jammerte er, und: