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Holzwannen und
Weinfässer im
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Völlig zu Unrecht ist Enzo Avitabile die große internationale Karriere versagt geblieben. Vor nunmehr fünfzig Jahren in Neapel geboren, lernte er bereits im Alter von sieben Jahren Saxophon und interessierte sich zunächst für so ziemlich alles, was an Musik aus den USA den Weg nach Europa fand: Jazz, Blues, Soul, Funk. Von diesen Einflüssen sind vor allem seine frühen Alben geprägt, die er seit 1982 in Italien veröffentlichte, und er teilt sie mit einem zweiten Neapolitaner, mit dem er insbesondere in seinen ersten Karrierejahren zusammenarbeitete: Pino Daniele. Zuvor spielte er übrigens auch in der Band von Edoardo Bennato.

Unverständlicherweise ist nur eine der LPs aus dieser frühen Phase Avitabiles Karriere jemals auf CD wiederveröffentlicht worden: "SOS Brothers". Die Erstveröffentlichung ist von 1986, doch auch im Abstand von bald zwanzig Jahren hat das Album aber auch gar nichts von seiner umwerfenden Lebendigkeit, seinem Feuer verloren. Avitabile verwirklicht darauf eine italienische Version des Soulpop, eingängig und ambitioniert zugleich.

Avitabiles "SOS Brothers" leben von ihren energetischen Bläsersätzen, schnellen Tempi- und Rhythmuswechseln, der heiseren Blues-Stimme, dem neapolitanischen Akzent. Später, auf seinem selbst betitelten Album von 1991, verstärkte er auch die Rockelemente seines Sounds. E-Gitarren, Pop-Einflüsse werden hörbar, damit auch der Anspruch der internationalen Geltung. Dadurch verlor seine Musik von ihrer individuellen Färbung, doch für das von der Plattenindustrie konservierte Italien-Klischee war es vermutlich immer noch nicht "glatt" genug.

Trotz seiner Mainstream-Anleihen in dieser Zeit bleibt Enzo Avitabile Individualist, der auf musikalische Experimente nicht verzichten will, einzelne Texte zwar auf Englisch singt, andere dagegen in der Sprache "seiner" Stadt Neapel, die sich vom Standarditalienisch doch recht deutlich unterscheidet, vermutlich rauer und schroffer klingt, als die Italienfantasie der Mitteleuropäer es erlaubt.

Inzwischen hat Enzo Avitabile eine weitere Wende eingeleitet und darin offenbar seine persönliche und künstlerische Erfüllung gefunden: In seinen jüngsten Produktionen geht es ihm um die Vereinigung neapolitanischer Musiktradition mit denen auf der anderen Seite des Mittelmeeres. Mit der afrikanischen Erfolgsband Mory Kante ("Yeke yeke") nahm er ein unter Freunden der Weltmusik hoch gelobtes Album auf ("O-issa"), mit dessen Erlös er ein Schulprojekt der UNICEF in Benin unterstützte.

Und auch sein aktuelles Album "Salvamm'o mondo", das in Italien zunächst in der Musikreihe der linken Tageszeitung "Il manifesto" veröffentlicht wurde, stellte er in den Dienst der guten Sache, indem er den Gewinn amnesty international zur Verfügung stellte. Und erneut geht er nicht den Weg des geringsten Widerstands: Es sei schwierig, stöhnt seine deutsche Agentur, für ihn Tourneen zu organisieren, weil er immer mit so großer Besetzung spiele.

In der Tat: "Salvamm'o munno" entstand in Kooperation mit den "Bottari", einer zehnköpfigen Trommlergruppe, deren Musik in das 14. Jahrhundert zurückreicht. Als Instrumente dient den "bottari" seither nicht gewöhnliches Schlagzeug, sondern Holzwannen und Weinfässer unterschiedlicher Größen, die der Musik einen robusten, Mark und Bein durchdringenden Grundton geben. Diese Art der Rhythmuserzeugung wurde früher bei der Feldarbeit eingesetzt, um eine gute Ernte zu beschwören. Als heidnisches Ritual fand es später - wie so viele andere Bräuche - Eingang auch in religiöse Zeremonien und blieb so über Jahrhunderte erhalten.

Enzo Avitabile benutzt die Bottari heute als verbindendes Element für seinen typischen Sound aus neapolitanischen Volksweisen, Jazz, Soul, maghrebinischer und afrikanischer Rhythmik. Gastmusiker wie der aus Algerien stammende "König des Rai" Khaled, Manu Dibango, Luigi Lai, aber auch der Chor "Cantori del Miserere di Sessa" unterstützen diese unterschiedlichen Einflüsse ebenso wie sein inhaltliches Anliegen nach Völkerverständigung, Frieden und der Durchsetzung von Kinderrechten.

In diesem Sommer bietet sich für das Publikum außerhalb Italiens erstmals seit längerer Zeit wieder die Möglichkeit, Enzo Avitabile live zu erleben. Gemeinsam mit den "bottari" kommt er zu Festivals nach Tschechien (Ostrava) und Deutschland ("Kulturarena" in Jena). Und schon vorher gibt es ein Zusammentreffen mit seinen Kollegen von Mory Kante: Beide Bands treten Anfang Juli auf dem legendären Roskilde-Festival in Dänemark auf. Vielleicht steht die internationale Karriere Enzo Avitabiles also erst noch bevor.

© Michael Frost, 15.04.2005

Enzo Avitabile Tour-Daten
02.07.05 DK-Roskilde, Roskilde Festival
08.07.05 CZ-Ostrava, Colours of Ostrava Festival
13.08.05 Jena, Kulturarena

Informationen: www.transatlantico.de

 

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