Die
Wandlung ist bezeichnend: Sah man Zulya auf Cover ihres vorigen Albums
mit dem geheimnisvollen Titel "Aloukie" noch im traditionellen
Gewand und Kopfbedeckung, so erscheint sie auf "Elusive" mit
westlicher Kurzhaarfrisur, freien Schultern und Hosen. Lediglich die
mit Schatten spielende Schwarz-Weiß-Optik des Covers und der Name
der Sängerin erinnert daran, dass wir es nicht etwa mit einer gewöhnlichen
Pop-Interpretin zu tun haben: Zulya bleibt ein Mysterium.
Zulya
hat nicht nur eine optische Wandlung hinter sich, sondern auch eine
geographische Veränderung. Ihre zentralrussische Heimat verließ
sie bereits zu Beginn der 90er Jahre, seither lebt sie in Australien,
und auch musikalisch hat sich der neue Lebensabschnitt deutlich niedergeschlagen.
"Elusive"
entfernt sich zeitweise recht weit von der ursprünglichen Herkunft
Zulyas im Land der Tataren, es streckt die Fühler gen Indien
und Australien, aber genauso Richtung Balkan, Sizilien, Arabien und
Zentralafrika. Die Weltläufigkeit Zulyas findet ihren Ausdruck
vor allem in der Verwendung traditioneller Instrumente aus allen Ecken
der Welt. Jeweils sparsam und unter der Prämisse größtmöglicher
Wirkung eingesetzt, sind auf "Elusive" u.a. Tablas, Maultrommel,
Didgeridoo und Bouzouki zu hören, ebenso wie Kurzhalslaute (Oud),
Geige, Akkordeon und Flügelhorn.
In
der Unbestimmbarkeit ihrer Herkunft erscheint Zulya als ein östliches
Pendant zur mexikanisch-französischen US-Kanadierin Lhasa de
Sela ("The living Road"), die sich mit ähnlicher Unbekümmertheit
im reichhaltigen Fundus der Weltmusik zu bedienen scheint. Beide fördern
dabei Rhythmen und Stilmixturen von eindrücklicher Schönheit
hervor, immer ein wenig mysteriös und verstörend, aber von
umso größerer Leidenschaft und künstlerischer Ästhetik.
Bei
Zulya steht der Gesang im Vordergrund. Ihre helle Stimme gleicht einem
klaren Gebirgsbach, der sich mit klarer Eleganz einen Weg ins Tal
bahnt, sanft umspielt von den natürlichen Klängen akustischer
Instrumente, für die eine virtuose Schar australischer Musiker
verantwortlich zeichnet (u.a. Andrew Tanner, Anthony Schulz, Lucas
Michailidis, Justin Marshall) - neben Zulya selbst, die neben dem
Gesang auch für Gitarre, diverse Percussions, Kalimba und Balafon
verantwortlich ist - wie im Übrigen auch für fast alle Kompositionen,
Arrangements und Texte.
"Elusive"
ist ein heller Lichtstrahl am Himmel der Weltmusik, ein außergewöhnliches
Album von einer faszinierenden Künstlerin.
©
Michael Frost, 21. Februar 2004