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Was braucht die Musik?


Mit der englischen Grammatik nimmt Stef Kamil Carlens es nicht so genau. "A song about a girls" heißt sein Album, und auch die Frage "Hey you, watshadoing?", mit der er einen Track des Albums überschreibt, gibt Rätsel auf. Aber schließlich hat Carlens kein Wörterbuch veröffentlichen wollen. Statt dessen bemächtigte er sich seines Pseudonyms Zita Swoon, lud acht Freunde zu Aufnahmen ein und spielte - um es vorweg zu sagen - ein in jeder Hinsicht überzeugendes, vielseitiges und wunderbar harmonisches Album ein.

Getragen werden die melodiösen Songs von akustischen Instrumenten, mit leichter Hand arrangiert, zurückhaltendem Gesang in zwei Sprachen (englisch und französisch), bei dem Carlens von verschiedenen Sängerinnen unterstützt wird, darunter seine Lebenspartnerin Lo Bee und die französische Popsängerin Axelle Red. Mit Letzterer gibt Carlens ein aufwühlendes Duett: "De quoi a besoin l'amour?" - Was braucht die Liebe? Die Frage wird mit der gleichen Intensität beantwortet, mit der Carlens auch nachweist, was gute Musik ausmacht.

Souverän wechselt er in seinen Songs zwischen Blues, Pop und Songwriterballaden. Percussions bestimmen den Rhythmus, unaufdringlich, aber bestimmt. Gitarren halten sich im Hintergrund, E-Gitarren sowieso, und akustische Gitarren klingen ebenso spontan und zufällig wie das gesamte Album, dessen einzelne Komponenten sich wie von selbst zusammenfügen. Manchmal, wie in dem sehr traurigen Song "Sad water" mischt er seine zum Chor ausgeweitete Stimme vor einen Klangteppich aus Geige und Viola. Den Rhythmus gibt eine aus Südamerika stammende Trommel (Bombo) vor.

Beim oberflächlichen Zuhören fällt die unglaubliche Varietät percussiver Elemente zunächst gar nicht auf. Doch ein Blick ins Booklet öffnet Augen und Ohren - aus allen Himmelsrichtungen haben die Percussionisten Tomas de Smet, Aarich Jespers und Kobe Proesmans ihre Instrumente zusammengetragen, von der Ziegenglocke über kubanische Guiros bis zur Basstrommel ist praktisch alles vertreten: selbst auf Blumentöpfen wird herumgetrommelt (im Song "100").

So entpuppt sich "A song about a girls" als wahre Erlebnisreise und offenbart unter der eingängig-harmonischen Oberfläche eine komplexe Struktur, die in der aktuellen Poplandschaft nur selten zu finden ist.

Es liegt ein leiser Zauber über dieser Platte, dem man sich auch nach mehrfachem Hören nicht entziehen kann. Weder ist er bis dahin verflogen, noch hat man das Rätsel vollends entschlüsselt. Was Carlens mit seinen Projekten wie "Kiss my Jazz" und dEUS begann, setzt er mit Zita Swoon fort, wenn auch mit anderen Mitteln. Vielleicht sein bislang schönstes Werk. Und wer achtet da noch auf grammatikalische Feinheiten ...

© Michael Frost, 21.04.2005

 

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