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Er ist noch da.


Als Kate Bush im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit 12 Jahren ein neues Studioalbum veröffentlichte, war die Aufregung groß. Wie würde sie klingen? Gelänge ihr die Anknüpfung an die Magie ihrer großen Alben? Nun, Kate Bush übertraf alle Erwartungen. "Aerial" ist ein hinreißendes Album, denn sie hatte sich während ihrer langen Pause weiter entwickelte, neues Terrain sondiert und konnte sich deshalb als gereifte Künstlerin präsentieren..

Freilich: Nicht immer ist den Stars von einst ein vergleichbarer Triumph beschieden. Agnetha Fältskog etwa ging mit ihrer ersten CD nach 17 Jahren (!) ziemlich unter. Abba-Fans kauften die CD zwar, zeigten sich auch kurzzeitig berührt, doch im Nachhinein verblassten die Farben ihres "Colouring book" ziemlich schnell.

Wie wird es nun wohl Cat Stevens ergehen? Ein Rekord dürfte ihm sicher sein: Seine Kreativpause dauerte ganze 28 Jahre, für die heutige Musikwelt fast eine Ewigkeit. Dass die Menschen sich auch nach dieser Zeitspanne überhaupt an ihn erinnern, ist bereits ein Erfolg - und gibt einigen Aufschluss über seine Bedeutung für wenigstens eine Generation von Musikfans.

Cat Stevens, der 1979 Muslim wurde, sich seither Yusuf Islam nennt und keine Platten mehr aufnahm, steht für unvergessene Songs wie "Morning has broken", "Father and son", "Moonshadow" und "Lady d'Arbanville". Kaum ein Jugendlicher, der zu Beginn der 70er Jahre, aber auch später noch, nicht wenigstens eine seiner Schallplatten im Regal stehen hatte: "Mona Boke Jakon", "Buddha and the Chocolate Box", "Teaser and the Firecat" oder "Tea for the Tillerman", um nur die Wichtigsten zu nennen. Wohl in Anspielung auf letzteren Albumtitel erfolgt nun die unerwartete Rückkehr: "An other cup".

Was den Ausschlag für das Comeback gab, ist vielleicht die spannendste Frage, die ihm zu stellen wäre. Möglicherweise gab die krisenhafte Weltlage den Ausschlag: Als Brite und Muslim ist er Tei beider Konfliktparteien. Womöglich hofft er vermitteln zu können - seine Zusage, bei der Festveranstaltung anlässlich der Verleihung des Friedensnobelpreises in Oslo aufzutreten, spricht dafür. Andererseits jedoch lässt "An other cup" die erwarteten - und dringend notwendigen - Worte des Künstlers schmerzlich vermissen.

Denn Yusuf belässt es bei naiv-charmanten Bessere-Welt-Hoffnungen (Zitat: "I have dreamt of an open world // borderless and wide // where the people move from place to place // and nobody's taking sides ...", aus dem Song "Maybe there's a world"). "Greenfields and golden sands" bekennt er dann im gleichnamigen Schlusssong, "are all I need".

Angesichts dieser schlichten Schlagerpoesie bleibt man als Zuhörer etwas ratlos zurück. Yusuf wollte offenbar bloß ein neues Cat Stevens-Album veröffentlichen. Und das hat er getan. Seine Melodien sind schön anzuhören, harmlos, mit zu Herzen gehenden Textzeilen und einigen durchaus ansprechenden Ideen, etwa den funky Bläsern im Opener "Midday", dem pulsierenden Rhythmus seiner Single-Auskopplung "Heaven/Where true love goes" und der charismatischen Stimme von Gastsänger Youssou N'Dour.

Natürlich, ein Song wie "Peace Train" ist nicht darunter, statt dessen die etwas zu theatralisch geratene Adaption von "Don't let me be misunderstood". "Naja", sagen manche, denen seine Musik schon in den 70ern zu seicht klang, naja: Warum sollte er heute andere, sprich: bessere, weil tiefgründigere Musik machen als früher?

Vielleicht waren die Erwartungen an ihn, den leisen Songwriter von einst, zu hoch gegriffen. Vielleicht will er einfach nur sagen: Ich bin noch da. Vielleicht ist es sogar ungerecht, von ihm in der hochsensiblen Atmosphäre der Weltpolitik so etwas wie einen Brückenschlag zu erwarten. Das Problem ist nur: Wenn die Künstler aufhören, Wortführer für Frieden, Verständigung und Menschenrechte zu sein, wer soll dieses Vakuum dann füllen?

© Michael Frost, 11.11.2006


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