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Filigrane Klangkunst


Sie sind begnadete Computersound-Frickler, sie lieben Jazz, House, Funk und den Sound einer Big Band: Xploding Plastix, bestehend aus den beiden Norwegern Hallvard Wennersberg Hagen und Jens Petter Nilsen, gehören zu den absoluten Highlights der internationalen Electronica-Szene. Ihr Debüt-Album "Amateur girlfriends go proskirt agents", 2001 unter dem Dach des Independent-Labels "Beatservice" veröffentlichte, sorgte für so viel Aufsehen, dass Sony Music das Duo kurzzeitig unter Vertrag nahm.

Es ist vielleicht dem Niedergang der Major Labels geschuldet - oder der künstlerischen Freiheit der Independent-Szene, dass Wennersberg Hagen und Nilsen jetzt, nach dem Sony-Album "The Donca Matic Singalongs" zu ihrer alten Plattenfirma zurückgekehrt sind. "Xploding Plastix has come 'home' again", freut man sich in Tromsø, dem Beatservice-Sitz am Polarkreis.

Auch in musikalischer Hinsicht haben Xploding Plastix 'nach Hause' gefunden. Zwar fehlt ihrem Album mit dem schon gewohnt gegen den Strich gebürsteten Titel "Treated Timber resists rot" vor allem die Anlehnung an Acid Jazz und Electrofunk-Elemente, denen frühere Veröffentlichungen ihren unnachahmlichen Groove verdankten, doch dafür experimentieren die beiden auf der neuen CD mit einer bis dahin unbekannten Lust an filigraner Klangkunst, schillernden Sound- und Rhythmuskollagen.

"A rogue friend is a wild beast" etwa basiert auf klassischen Pianoläufen, dem klingende Gläser, metallisches Scheppern und Geigenstaccato beigemischt wurden, glockenhell und beinahe zart - gemeinsam mit dem übergangslos folgenden "The cost of resistence" entsteht hier endlich einmal eine neuzeitliche Antwort auf Oldfields "Tubular Bells".

So verspielt und gleichzeitig experimentell und herausfordernd hat man elektronische Musik bislang nur selten erlebt. Die erwähnte Titelabfolge folgt epischen Strukturen - für die Tanzfläche ist sie folglich weniger geeignet.

Doch "Treated timber resists rot" hat wohl wirklich anderes im Sinn: Hier werden Soundlandschaften gezimmert, Klänge und Rhythmen unter Verwendung einer zum Teil atemberaubenden Kombination aus organischen und digitalen Materialien konstruiert. Immer höher wachsen die Soundtürme in den Himmel, bis sie in dem wahnwitzigen Crescendo von "Band of Miscreants" kulminieren. Schließlich wird man die jeweilige Herkunft der Klänge nicht mehr identifizieren können, die Bestandteile wachsen zu einem einheitlichen Gebäude zusammen. Und durch diese Betrachtung gibt auch der Albumtitel seinen tieferen Sinn preis: Solchermaßen konservierte Töne überdauern die Zeit.

© Michael Frost, 02.01.2009


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