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Politisch ambitioniert,
künstlerisch inspiriert


Politisch ambitioniert, künstlerisch inspiriert - die norwegische "Kirkelig Kulturverksted" gehört zweifelsohne zu den engagiertesten Labels überhaupt. Im letzten Jahr machten die Norweger mit einem beeindruckenden Projekt von sich reden: "Lullabies from the axis of evil". Produzent Erik Hillestad hatte Musikerinnen aus Europa und Nordamerika mit Künstlerinnen aus Ländern der "Achse des Bösen" zusammengebracht, um gemeinsam Wiegenlieder aus deren Heimat zu interpretieren. Ein künstlerisches Fanal gegen die US-amerikanische Kriegspropaganda.

Politisch nicht ganz so zugespitzt, in der humanitären Zielsetzung dafür umso mehr ist nun ein neues Projekt des in Oslo ansässigen Labels: "Women care" heißt der Sampler, für den die norwegischen Sängerinnen Anneli Drecker, Unni Wilhelmsen, Lynni Treekrem und Simone Larsen sich auf den Weg in verschiedene afrikanische Länder machten, um dort beheimatete Sängerinnen zu treffen. Gemeinsam reisten sie von diesen Treffen nach Dar el Salaam (Tansania), wo die Aufnahmen von "Women care" begannen. Vierzehn Stücke wurden mit verschiedenen afrikanischen Musikern eingespielt, die auf der so entstandenen CD einen Gegenentwurf zur Entmündigung afrikanischer Künstler darstellen, wie sie etwa beim Live 8-Konzert aufgrund ihrer mangelnden Berücksichtigung kritisiert wurde.

"Women care" stellt die unterschiedlichen Musikstile verschiedener afrikanischer Regionen in den Mittelpunkt und unterscheidet sich auch darin wohltuend und kompetent von anderen Samplern, die "Afrika" stets als Ganzes und ohne weitere Differenzierung betrachten. Die vier Frauen aus Marie Daulne (Südafrika), Tigist Bekele (Äthiopien), Talike (Madagaskar) und Chiwoniso Maraire (Zimbabwe) bringen ihre jeweiligen Stile in das Album ein, allerdings längst nicht nur traditionelle oder folkloristische. Chiwoniso Maraire etwa wuchs zeitweise in den USA auf, wo sie als Rap-Sängerin bekannt wurde, Marie Daulne ist Bandleaderin der legendären Band Zap Mama und als solche längst zur Kosmopolitin geworden.

Tigist Bekele wiederum interessiert sich für modernen Ethnopop, während Talike schon aufgrund ihrer Herkunft zur Multikulti-Spezialistin wurde: Madagaskar ist ein Vielvölkerstaat mit Einflüssen aus Afrika, Indien, Indonesien und Europa.

Da auch die norwegischen Musikerinnen vielfältige Einflüsse aus Folk, Pop, Jazz und Soul mitbrigen, ist "Women care" ein sehr buntes und fröhliches Album geworden. Und im Unterschied zu sonstigen Almosensammlungen, die Abhängigkeiten eher zementieren als beseitigen, ist "Women care" nicht als Charity-Album gedacht, sondern die CD selbst ist das Projekt:

Die norwegische Sektion der Hilfsaktion CARE und das norwegische Außenministerium arbeiteten zu diesem Zweck mit ihren Schwesterorganisationen in Mali, Madagaskar und Tansania zusammen. Ziel war es, den vier afrikanischen Musikerinnen die nötigen Mittel für diese Produktion zur Verfügung stellte, ihre Karriere zu fördern und ihnen darüber hinaus ein Forum zur Selbstbehauptung zu bieten. Die so entstandene Kooperation zwischen "Nord und Süd" ist letztlich also nicht wie so viele andere Benefiz-Projekte einfach nur "gut gemeint", sie ist vor allem auch besonders gut gemacht.

© Michael Frost, 18.09.2005

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