"Guten
Tag." Mit dieser höflichen Begrüßungsformel veränderte
das Berliner Quartett "Wir sind Helden" vor zwei Jahren die
deutsche Musiklandschaft. "Guten Tag", so hieß der Titelsong
einer EP, der ein Plattenvertrag erst noch folgen musste, doch auf MTV
lief der Song auch ohne.
Was
daraufhin geschah, gleicht einer Abenteuerreise, wie sie sonst nur
Tintin und Milou im Comic erleben, und vielleicht auch deshalb folgt
das zweite Album der "Helden", die inzwischen ein Berlin-Hamburg-Hannoveraner
Quartett sind, der charmanten Tim und Struppi-Optik.
Charmant,
das bezeichnet die komplette Band. Sängerin Judith Holofernes,
gleichermaßen umworben von Musikzeitschriften, Männermagazinen
und Feuilletons, wurde zur Ikone einer "Neuen Neuen Deutschen
Welle" erklärt, hoch gelobt für ihre "kritischen
Texte" und den originellen Popsound ihrer Mitstreiter Mark Tavassol
(Bass), Jean-Michel Tourette (Keyboards, Gitarre) und Pola Roy (Schlagzeug).
Und
auch wenn die fantastischen Vier versuchen, den öffentlichen
Erwartungsdruck, der vor der Veröffentlichung ihres zweiten Streichs
"Von hier an blind" abzuwehren, ganz entgehen konnten sie
ihm ebenso wenig wie dem Hype, der schon nach der Veröffentlichung
von "Die Reklamation" entstanden war.
Dennoch
wären die Helden keine solchen, wenn sie keine Mittel und Wege
finden würden, dem Druck auszuweichen. Der zerstörerischen
Kraft der Medienwelt, die einen Trend nur aufbaut, um ihn kurz darauf
bis zu seiner völligen Zerstörung auszuschlachten, halten
die Helden einfach - einfach? - einen Spiegel vor: "Ihr schickt
unsere Lieder // auf die Straße // in zu engen Hosen // in billigen
Posen // ... // Das ist das kälteste Gewerbe der Welt ..."
textet Judith Holofernes in "Zuhälter", und wir erhalten
einen kurzen Einblick in die Welt der "Helden" Anno 2005:
Bissig, frech, witzig, intelligent, und charmant wie eh und je.
Ihr
druckvoller Sound, der mit Elementen aus Pop, Rock und Elektro spielt,
hat - selten genug für eine deutsche Band - internationales Format
und sowieso Ohrwurmqualität. Dabei gelingt es ihnen sogar, kritische
Texte mit gut gelaunten Popsounds zu verbinden - nahezu einzigartig
in der deutschsprachigen Musik, bei der ernste Textinhalte bislang
gewöhnlich mit freudloser Musik einhergingen.
So
haben die "Helden" tatsächlich einiges in Bewegung
gesetzt. Darüber hinaus machen sie deutlich, dass mit ihnen auch
in Zukunft gerechnet werden muss: "Wir sind gekommen um zu bleiben".
Na dann, herzlich Willkommen, und: Guten Tag!
©
Michael Frost, 03.04.2005