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"Eine eigene Welt"


Die Entrümpelung des band-eigenen Archivs dauert nun schon einige Jahre an. 2001 veröffentlichte Mike Scott, Bandleader der "Waterboys" seit der Bandgründung 1983 - und heute einziges noch verbliebenes Gründungsmitglied - bereits eine Sammlung von Songs, die 1989 bei den Aufnahmen zum Album "Fisherman's Blues" von der endgültigen Titelliste gestrichen worden waren. Für "Too close to heaven" spielte Scott immerhin zehn Songs aus den "Fisherman's Blues"-Sessions neu ein, und schon 2006 erschien eine aufwändige "Collector's Edition" des Albums mit zusätzlichem, bis dahin unbekanntem Material.

Der größte Teil der Waterboys-Songs, sagte Scott damals, sei bisher nie veröffentlicht worden. Insofern war zu erwarten, dass er die Suche fortsetzen würde, und jetzt ist er immerhin ins erfolgreichste Waterboys-Jahr vorgedrungen: 1990.

Es war die Zeit, in der irische und keltische Einflüsse in der europäischen Rockszene einen ungeahnten Höhenflug erlebten. Scott und seine Bandkollegen hatten diese Bewegung mit "Fisherman's Blues" selbst losgetreten, gleichzeitig mit der vom Punk und irischen Saufliedern beeinflussten Band "The Pogues" und Sinead O'Connor, die im selben Jahr ihr bis heute erfolgreichstes Album "I do not want what I haven't got" veröffentlichte.

Die Waterboys legten 1990 "Room to roam" vor, das zu ihrem größten kommerziellen Erfolg werden sollte. Randvoll bepackt mit siebzehn Songs zeigt es die Band auf dem Höhepunkt ihrer Kreativität. Mike Scott hat nun selbst eine "Collector's Edition" des Albums herausgegeben, das neben dem Originalalbum eine zweite CD mit zusätzlichem Material enthält: Alternativfassungen der Albumsongs, Live-Aufnahmen und bislang unveröffentlichte Stücke.

"Room to roam", schreibt er in den ausführlichen Linernotes dieser Sammler-Edition, "ist anders als alle anderen Waterboys-Alben (...), eine eigene Welt." Die ganze Band - damals immerhin sieben Musiker - war an der Produktion und den Arrangements beteiligt, und so sei das Album auf demokratischem Wege entstanden. Dass es dennoch in relativ kurzerr Zeit fertiggestellt werden konnte, spricht ebenso für die stimmige Chemie innerhalb der Band wie das Ergebnis selbst.

"Room to roam" ist ein Fest des Celtic Folk und gleichzeitig Blaupause für alle künftigen Bands, die sich an der Verknüpfung von Poprock und Folklore - welcher Herkunft auch immer - versuchten. The Waterboys schufen mit Fiddle, Flöte, Akkordeon und Mandoline ein eigenes musikalisches Universum; wie im Rausch gehen die Songs gehen nahtlos ineinander über, unabhängig davon, ob es sich um neue Kompositionen oder alte Traditionals handelt, ob traurige Ballade oder Guiness-getränkter Pub-Song.

Die Revitalisierung dieses Sounds hat ohne jeden Zweifel ihre Berechtigung, und nicht nur Fans von damals werden über die opulente "Collector's Edition" begeistert sein. Und wer weiß, was Mike Scott noch alles zutage fördert, wenn er seine Archivsuche fortsetzt.

© Michael Frost, 13. September 2008

 

 


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