Es
war 1986, als Paul Simon mit seinem Album "Graceland" die
Musik Südafrikas in den Mittelpunkt des internationalen Interesses
rückte. Damit rückte auch das rassistische Regime der weißen
Bevölkerungsminderheit wieder ins Blickfeld, denn Simon hatte sich
seine Kooperationspartner direkt in den Ghettos der Farbigen, den sogenannten
"Townships", gesucht.
Inzwischen
gehört die offizielle Apartheidspolitik der Vergangenheit an.
Der ehemalige Staatsfeind Nr. 1, Nelson Mandela, wurde Präsident
seines Landes, doch noch immer ringt Südafrika mit den Folgen
der jahrelangen Unterdrückung des größten Teils seiner
Bevölkerung, ihrer Armut und der Bedrohung durch AIDS.
Sam
Tshabalala hat die Entwicklung seiner Heimat während der letzten
zwanzig Jahre aus unterschiedlichen Blickwinkeln begleitet. Weil er
mit seiner Band "Malopoets" das Regime der Weißen
in Pretoria allzu heftig attakiert hatte, blieb er Mitte der 90er
Jahre im Exil in Paris, wo er seither lebt und immer wieder mit anderen
Musikern aus allen Teilen Afrikas zusammenarbeitet.
Die
Vorgänge in seiner Heimat treiben ihn auch auf seinem neuen Solo-Album
"Meadowlands" um. In den Sprachen seiner Heimat, Shangaan,
Tswana und Zulu, erzählt er alltägliche Begebenheiten und
einschneidende Erlebnisse wie dem Tod seines Neffen, der eines der
zahllosen Opfer der alltäglichen Gewalt in Südafrika wurde.
Traditionell wird die bedrückende Thematik in schnellen, temperamentvollen
Rhythmen verpackt, denn, so schreibt Alexander Trofimov in einem Begleittext
zur Veröffentlichung, "die vordergründig lebensfrohe
Musik half den Menschen über das Leid der Rassentrennung und
die Probleme der Ghettos hinweg".
Diese
Funktion, die auch Paul Simon vor nunmehr bald zwanzig Jahren so sehr
beeindruckte, dass er ihr ein ganzes Album widmete, muss die Musik
angesichts der sozialen Verwerfungen eines ganzen Kontinents auch
heute noch erfüllen. Sam Tshabalala tut das Seine, damit die
Aufmerksamkeit nicht nachlässt, und damit diejenigen, die auch
im neuen Südafrika keine Stimme haben, gehört werden können.
©
Michael Frost, 21.05.2005