Fazit: 
              Wir lieben Italien, aber wir haben Angst vor der subersiven Kraft 
              italienischer Lebensart oder was wir dafür halten, weil sie unsere 
              preußischen Werte bedroht und unsere Ordnung zum Einsturz bringen 
              könnte. Trösten kann uns nur, dass das Verhältnis umgekehrt 
              genauso ambivalent ist ...
            Unserem 
              oberflächlichen Wissen entsprechend geben wir uns auch mit seichter 
              Unterhaltungsmusik Marke "Italo-Pop" zufrieden, die unsere Stereotypen 
              festigt. "Italo-Sampler", vollgestopft mit den üblichen Verdächtigen 
              zwischen Al Bano und Romina Power, Ricchi & Poveri, Toto Cotugno 
              und ständig neuen Versionen von "Volare", gibt es auf jedem Ramschtisch 
              zum Schleuderpreis. Italienische Restaurants in Deutschland haben 
              sich vielfach dem Landesgeschmack angepasst (nicht nur in Bezug 
              auf das Ertränken der Speisen in Sahnesoßen) und lassen Ramazzotti 
              im Repeat-Modus laufen. (Der Autor bekennt resigniert, mittlerweile 
              so konditioniert so sein, überhaupt nur dann noch essen zu 
              können, wenn im Hintergrund Ramazzotti läuft bzw. von 
              unerträglichen Hungergefühlen ereilt zu werden, sowie 
              Ramazzotti in Funk oder Fernsehen zu singen beginnt...)
            Abhilfe 
              schafft da die Compilation "Travellin' Companion 2 - A musical journey 
              to Italy", die zwar auch nicht ohne Gondeln auf dem Cover auskommt, 
              musikalisch aber einiges zu bieten hat, was unbedingt auf offene 
              Ohren stoßen sollte. 
            Gleich 
              zu Beginn macht sich die Band Folkabbestia in einer Mischung zwischen 
              Pogues- und Tote Hosen-Sound über das durch Adriano Celentano bekannt 
              gewordene "Azzurro" her, dass es eine wahre Freude ist, und stürzt 
              damit den Inbegriff des Canzone in seiner mitschunkelnden Fassung 
              vom Sockel. 
            Mau 
              Mau mit ihrer schonungslosen Beschreibung des Lebens von Armen und 
              Obdachlosen schließen sich an, jeden Anflug von Romantik zu vertreiben, 
              während Novalia mit akustischen Instrumenten und elekronischen Samples 
              eine aktuelle Variante zwischen traditionellem Folk und modernem 
              Rock präsentieren, wie sie, erweitert um Trance- und Ambient-Elemente 
              auch von der sizilianischen Band Agricantus vertreten wird. 
            So 
              wird die Reise durch die musikalischen Landschaften Italiens fortgesetzt 
              und ständig durch neue Facetten erweitert, sei es durch durch die 
              sardische Gruppe "Càlic", den Akkordeonisten Mario Salvi, der sich 
              mit neapolitanischer und apulischer Tarantella ebenso einen Namen 
              macht wie der Multi-Instrumentalist Daniele Sepe, der darüber 
              hinaus in vielen anderen Genres zu Hause ist. Mit den "Tammurriata 
              di Scafati" ist auch eine Gruppe aus Neapel mit traditioneller Straßenmusik 
              vertreten, in der das harte Leben und die Ausbeutung der Arbeiter 
              erzählt wird. 
            Auch 
              der Beitrag der Roma zur italienischen Kultur wird in zwei Titeln 
              gewürdigt, so dass sich durch die insgesamt sehr kluge und absolut 
              gelungene Auswahl ein sehr schlüssiges und umfassendes Bild vom 
              italienischen Folk der Gegenwart ergibt - wahrhaft ein unverzichtbarer 
              Reisebegleiter, von dem man sich weitere wünschen würde 
              !
            MF 
              / 28.07.2001