Soundtüftler
wie Mogwai, Opiate oder das Duo Matmos versuchen, mit Hilfe digital
erzeugter Klangfolgen Stimmungen und Atmosphäre auszudrücken.
Sie setzen dazu Klänge an- und übereinander, die im Gegensatz
zur traditionellen Musik keine Melodien ergeben, sondern scheinbar unzusammenhängende
Abfolgen von Tönen. Bei oberflächlicher Betrachtung wirkt
diese Art der Komposition zufällig und intuitiv, und möglicherweise
ist sie es auch, denn digitale Musik wird nicht auf dem Notenblatt festgehalten:
sie wird programmiert.
Town
and Country gehen einen ähnlichen Weg, allerdings gezielt und
bewusst mit anderen Mitteln. Sie arbeiten nach den Gesetzen der digitalen
Welt - aber mit "analogen" Mitteln, d.h. mit realen, streng
akustischen Mitteln und suchen nach Möglichkeiten, mit traditionelle
n Instrumenten neue Klangwelten zu erobern. "5", ihr fünftes
Album, entstand live im Studio mit mehreren Aufnahmemikrofonen. Für
die Albumveröffentlichung wurde schließlich unter mehreren
eingespielten Versionen ausgewählt.
Ben
Vida (Kornett, Gitarre, Harmonium), Liz Payne (Bratsche, Handglocken,
Celesta), Jim Dorling (Bassklarinette, Harmonium, Gläser) und
Josh Abrams (Kontrabass, Handglocken) fügen ihre bizarren, manchmal
auch anstrengenden und herausfordernden Klangkonstruktionen leise
und behutsam ineinander. In vollkommener Ruhe lassen sie ihre Instrumente
gewähren, geben sich Zeit, dehnen die Wirkung des Klangs und
lassen ihn nachhallen, bevor sie zu neuen Sequenzen zusammenfinden.
Rhythmus
und Melodie wird man in dieser neuen un-erhörten Musik also vergeblich
suchen, und deshalb ist jeder Versuch, "5" im Hintergrund
einfach durchlaufen zu lassen, zum Scheitern verurteilt. Selbst als
Filmmusik mag man sich diese Kompositionen kaum vorstellen, denn die
Klangfolgen erscheinen seltsam abstrakt und - sehr ungewöhnlich
für akustische Musik - wenig bildhaft. "5" liefert
damit den Beweis, dass es nicht unbedingt eines Computers bedarf,
um Computermusik zu erzeugen. Das klingt nach der Quadratur des Kreises,
aber genau das soll es ja auch sein. Quod erat demonstrandum.
©
Michael Frost, 6. September 2003