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Aus dem Schatten getreten


"Eine Art stilles Gebet" sei ihr neues Album, sagt Sara Tavares, "von jemandem, der einmal tief Luft holt und dann weitermacht". Tatsächlich beschreibt "Xinti" exakt den Moment des Luftholens, diesen Augenblick des Innehaltens zwischen den Pulsschlägen.

Man meint zwar immer, die Musik der Kapverden sei laut, schnell und feurig, doch sämtliche Sängerinnen von Cesaria Evora über Lura bis eben zu Sara Tavares, die auch von den Inseln stammt, allerdings in Lissabon aufwuchs, haben bewiesen, wie lyrisch, wie melancholisch und verhalten ihre Musik sein kann. Sara Tavares ist unter den jungen Musikern der Kapverden vielleicht diejenige mit dem größten internationalen Einfluss, den man auch ihrer neuen CD wieder anhört.

Nicht nur die Rhythmik der Kapverden fließt durch die Adern ihres Albums, sondern auch Latin Jazz, brasilianischer Karneval, afrikanische Percussions und portugiesische Saudade - Sehnsucht.

Videolink: Sara Tavares / youtube  

Sara Tavares präsentiert vierzehn neue, sämtlich selbst komponierte Songs, denen man das Temperament anmerkt, ohne es genau fassen zu können, denn selbst rhythmische, mit Sambatrommeln unterlegt Lieder wie "Bué" bleiben verhalten. Stücke wie "Alma" spielen mit Elementen aus Soul und R'n'B, unterlegen sie mit Ukulele, verspielten Bassläufen und jazzigem Gitarren-Intermezzo - hier begegnen sich Angelique Kidjo und Bebel Gilberto auf halber Strecke.

Im Unterschied Cesaria Evora, der großen Ikone der kapverdischen Musik, entfernt Sara Tavares sich so immer wieder weit von den traditionellen Klängen der Inselgruppe und entzieht sich somit auch dem direkten Vergleich. Eine kluge Entscheidung, die vermutlich noch auf lange Zeit jeder kapverdische Musiker gar nicht anders treffen kann - der Schatten der Evora ist einfach zu groß. Doch andererseits liegt hierin gerade die Chance des Nachwuchses, und Sara Tavares nutzt sie: "Xinti" etabliert sie endgültig als unabhängige, souveräne Künstlerin, gegenüber ihren vorigen Alben nochmals reifer und profilierter - mit einem sehr eigenständigen, nicht mehr zu verwechselndem Ausdruck.

 

© Michael Frost, 21.06.2009

 


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