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As bright as ever
von Hans Happel


"Tough, funky, dirty, soulful and proud" heißt es im Begleittext zu einer jetzt erschienenen Scheibe, mit der an die kurze Karriere einer fast vergessenen Soulsängerin erinnert wird, deren Stimme in den drei Jahrzehnte alten Aufnahmen so unmittelbar, so direkt und so authentisch klingt, als hätte sie eine Zeitreise in die Gegenwart gemacht.

Um gerecht zu sein: Candi Staton, Afroamerikanerin, 1943 in der 800-Seelen -Gemeinde Hanceville Alabama geboren, singt mit einer Kraft und Verletzlichkeit, die an die großen Gospelsängerinnen erinnert. Ihre Songs klingen wie Gebete, und dass sie erst jetzt wieder zur Verfügung stehen, hängt wohl auch mit ihrem wechselhaften Lebensweg und mit dem Ungeschick ihrer späteren Plattenproduzenten zusammen, die aus der begnadeten Soulsängerin Mitte der 70-er Jahre eine kommerziell erfolgreiche Disco-Tussi machen wollten.

Mit dem Pop-Hit "Young hearts run free" hatte sie 1976 einen mittleren Hitparadenerfolg, dann versandete ihre Karriere.

Angefangen hatte Candi Staton im Gospeltrio eines christlichen Internats, ein Trio, mit dem sie auf regelmäßigen Tourneen Mahalia Jackson, die Staple Singers oder die junge Aretha Franklin begleitete. Die 17-Jährige brannte mit dem späteren Soulstar Lou Rawls nach Los Angeles durch. Rawls Mutter konnte dem Paar eine Hochzeit ausreden, aber die Doppelbelastung des Schul- und Tourlebens hielt Candi Staton nicht länger aus. Sie brach die Schule ab und heiratete einen Priester der Pentecostal Church.

Die unglückliche Ehe, aus der vier Kinder hervorgehen, wurde wenige Jahre später geschieden. Candi arbeitete im Krankenhaus, um die Familie durchzubringen.

Bei einem ihrer wöchentlichen Club-Konzerte, wo sie zum erstenmal R&B-Songs vorträgt, wird sie von Clarence Carter entdeckt. Der blinde Soulsänger, Gitarrist und Komponist arbeitet erfolgreich für Rick Halls FAME-Label bzw. die gleichnamigen Studios. Und Rick Hall sucht nach weiteren Sängerinnen in der Tradition von Etta James, mit der er gerade das erfolgreiche Album TELL MAMA (1968) aufgenommen hat.

Clarence Carter, Statons zukünftiger Ehemann, und George Jackson, Songwriter von FAME, schreiben der jungen Sängerin für ihr Debütalbum I´M JUST A PRISONER Lieder auf den Leib, von denen einige inzwischen zu den Klassikern des Southern Soul zählen. TOO HURT TO CRY oder HOW CAN I PUT OUT THE FLAME gehören zu den stärksten Aufnahmen dieser Kompilation, deren plakativer Titel THE SWEETHEART OF SOUL nicht übertreibt.

Candi Statons jugendlich raue Stimme, die gelegentlich an Little Stevie Wonder erinnert, geht ebenso unter die Haut wie viele dieser 26 ausgewählten Songs, die neben der Power-Frau vor allem die R&B-Lady zum Klingen bringen, die in langsamen Tempi den traurigen Blues eines unruhigen (Liebes-)Lebens besingt.

Die Eigenkompositionen, die das Album beschließen, lassen neben der Sängerin die Komponistin ahnen, die sie vielleicht hätte werden können. Die Frau mit dem damals populären rebellischen Afro-Look blickt auf dem CD-Cover aus großen Augen so direkt die Betrachter an, dass man gar nicht anders kann, als den Stolz und die Wärme in diesem Gesicht unmittelbar ihrer Musik zuzuschreiben.

Vielleicht ist das der entscheidende Unterschied zu den neuerlichen SOUL-SESSIONS, mit denen die talentierte Joss Stone eine alte Tradition wieder aufleben lassen will. Bei der jungen Engländerin klingen die alten Klassiker wie Museumsstücke, irgendwie gut herausgeputzt, aber steril, man glaubt ihr das "Dirty Man" nicht, die Liebesseufzer wirken unecht. Candy Statons Lieder kommen dagegen tatsächlich aus dem Herzen des Soul und wer sie hört, hat das Gefühl, dass diese Musik in die Gegenwart zielt.

Candi Staton, inzwischen 61, ist nach schweren Alkoholproblemen in den 90er Jahren, heute als Gospelsängerin aktiv. Sie moderiert die TV-Sendung "Say yes" für Trinity Broadcasting Network, den größten christlichen TV-Sender in den USA. Das CD-Booklet erzählt informativ ihre Geschichte, und dem pathetischen Schlusswort darf man zustimmen: "Today, over thirty years after they were recorded, the songs on this compilation shine as bright as ever."

"Candi Staton"
ist ein Beitrag von Hans Happel für CD-KRITIK.DE
© Hans Happel, Juli 2004

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