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"Gnadenlose Fusion"

 

Wir kennen nicht allzu viele Instrumente, deren Klang wir schon beim ersten Ton mit einer bestimmten geografischen Region in Verbindung bringen. Die Oud ist so ein Instrument. Unvermittelt findet man sich einem der arabischen Länder wieder, im Nahen oder Mittleren Osten, oder in einem der nordafrikanischen Länder des Maghreb.

Und die Oud kann noch viel mehr. Wie ihre europäische Verwandte, die Laute, die im Mittelalter den Minnesang begleitete, ist die Oud ein Instrumente mit epischem Potential: In der Hand eines versierten Spielers kann sie eigenständige Geschichten von magischer Bildgewalt erzählen.

Mehdi Haddab ist ein solcher Spieler, nicht nur, weil er die Oud in ihrer traditionellen Form virtuos beherrscht, sondern, weil er seit einigen Jahren der Vision folgt, sie in einer verstärkten Form, also gewissermaßen als E-Oud, in die Rockmusik einzuführen. In Paris fand er hier immer wieder Mitstreiter in verschiedenen Formationen, bis er 2008 mit "Kalashnik Love" in Frankreich ein Album mit seiner eigenen Band "Speed Caravan" vorlegte, das nun bei Real World Records auch international veröffentlicht wurde.

Instrumental oder mit Gesang: Die E-Oud, häufig im Zusammenspiel mit ihrer traditionellen Variante, verliert nichts von ihrer beschwörenden Energie. Im Gegenteil entwickelt Haddab mit seinen Bandkollegen Pascal Teillet (Bass), Hermione Frank (Computer), Mohamed Bourmar (Percussions, Gesang) und nahezu zwei Dutzend Gastmusikern einen hypnotisierenden Trance-Sound, der seine Ursprünge in der Sufi-Kultur, im arabischen Pop als auch in den westlichen Clubsounds findet. Am Ende verbinden sich alle Elemente zu einer fast "gnadenlosen Fusion", wie das französische Webmagazin mondomix begeistert befand.

Videolink: Speed Caravan live in Sevilla / youtube
 

In Folge dieser Fusion werden dann wieder ganz neue Soundbilder entworfen - oder alte aus neuer Perspektive. In dieser Hinsicht dürfen zwei Coverversionen als Schlüsselstücke des Albums gelten: "Galvanize" von den Chemical Brothers, hier in ein fast endlos erscheinendes Trance-Stück verwandelt, und "Killing an Arab" von The Cure, mit dem die Band einst Albert Camus' Roman "L'Étranger" (Der Fremde) verarbeitete. Hierfür holte sich Speed Caravan die gesangliche Unterstützung von Wattie Delay und keinem Geringeren als Rachid Taha, einem der erfolgreichsten Rockstars sowohl in Frankreich als auch in den arabischen Ländern.

"Kalaschnik love" macht es künftig etwas schwieriger, die Oud einer bestimmten Region zuzuordnen: In den Händen von Mehdi Haddab und seinem Gefolge kann sie überall zuhause sein.

© Michael Frost, 11.10.2009


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