Noch
ist er ein Geheimtipp: Der Bremer Musiker Uli Sobotta, im
Verbund mit dem Lyriker und Radiomacher Michael Augustin seit
längerem als Duo "Ach&Krach" unterwegs,
geht auf mehreren CDs auch seine eigenen Wege.
Ende
letzten Jahres hat Uli Sobotta in eigener Sache "Blue
Fish blue" veröffentlicht. Schon die Gestaltung
des CD-Covers verrät den Minimalisten und Puristen: Blaue
Schrift auf gelbem Grund, auf der Frontseite ein mit knappem
Strich gezeichneter blauer Fisch in hellblauem Wasser, die
strenge Einfachheit entspricht einem Songtitel: "Blue
& Yellow - beach behind".
Uli
Sobotta beherrscht diverse Saiten- und Blasinstrumente, die
er immer bei sich hat, wenn er Michael Augustins literarische
Miniaturen mit feinen musikalischen Kommentaren begleitet.
Er bevorzugt eine "Backpacker-Guitar", eine "Wandergitarre"
mit extrem schmalen Korpus, daneben das bauchige Euphonium,
ein Bariton-Horn, und neben dem klassischen Didgeridoo ein
"Didgeribone", eine erst kürzlich in Australien
entwickelte Kreuzung aus Didgeridoo und Posaune (Trombone),
ein Instrument aus Plastik, auf dem der Grundton varriiert
werden kann.
"Blue
Fish blue" heißt natürlich auch ein Song dieser
CD, in dem Uli Sobotta schon mit der ersten Zeile von seinen
Wurzeln spricht: "tumblin` through muddy waters...".
"Blue Fish blue" klingt, als habe der Sänger
den Blues auf seine Essenz reduziert, so summt er ihn - zu
einem sparsam gezupften Riff - mit gequetschter Stimme, bis
er einen Text drauf legt: "Blue Fish/ eternal sceptic".
Die
12 Songs und Instrumentals - teilweise im Overdub-Verfahren
aufgenommen - sind Kabinettstücke eines Eigenbrötlers,
eines ebenso spröden wie gewitzten musikalischen Tüftlers,
der mit wenigen Mitteln wahre Leckerbissen serviert. Aber
Sobottas Kleinstkunstwerke sind nicht eingängig, sie
verlangen genaues Hinhören, sie fordern Aufmerksamkeit.
Wer
sich Zeit nimmt und wirklich auf sie einläßt, der
wird belohnt mit einer Musik, die so streng, so einfach und
reduziert auftritt, als sei sie die Schwesterkunst der "arte
povera". Und in dieser Durchsichtigkeit entwickelt sie
ihren Reichtum und ihren Witz. Sobottas Texte sind präzise
verspielte Sprachkunstwerke im Geiste Ernst Jandl, teils deutsch,
teils englisch oder gemischt.
Da
rutschen die Silbenverdrehungen von "Safety Pin"
zu "si cher heits na del". Der "Pickel-Song"
porträtiert einen Mann mit geglätteten Gedanken
und Fantasien, das geschieht nicht lautstark aggressiv, sondern
leise, unterkühlt und fast beiläufig. "Blue
& Yellow - beach behind" spielt auf geglättete
Menschen und saubere Strandwelten an ("Oily cocks with
golden bracelets").
Zwischen
den ironisch-spitzen Bildern tauchen überraschend einfühlsame,
fast volksliedhafte Melodie-Fragmente auf, und der Song "Zum
Schluß das Ende" ist in bester Liedermacher-Tradition
so eingängig melancholisch ("Der letzte Schmerz,
das letzte Seufzen, die letzte Träne still geweint...."),
dass er geradezu hittauglich wäre, hätte Sobotta
ihn nicht weise versteckt unter diesen Stücken jenseits
des mainstreams. Sobotta ist als Komponist und Musiker schwer
zu verorten, er mixt experimentelle Formen mit Elementen aus
Jazz, Folk und Weltmusik.
Er
spielt funkige Riffs auf dem Euphonium und nutzt die Gitarre
als klassische Klampfe. Er ist Poet und Satiriker, und wenn
er das Didgeridoo bläst, wird er zum Weisen, der die
monotonen, meiditativen Formen des australischen Klagegesangs
in "Slow Biker" mit seinem Bariton-Horn und mit
einfachsten Gitarren-Klängen zu einem Song mischt, in
dem das Exotische und das Vertraute nah beieinander liegen.
Die CD "Blue Fish blue" gehört für mich
zu den ungewöhnlichsten Produktionen des letzten Jahres,
kaum auffällig, geheimnisvoll unzugänglich, aber
nach mehrmaligem Hören von magischer Kraft.