Ryas
"personal cosmos" ist eine ziemlich verschrobene Welt. Er
ist bevölkert mit sprechenden Planeten und Koboldhäusern,
und manchmal kommen auch die Sterne zu Besuch. Erst letzten Montag,
singt Rya, habe sie einen Zwergen-Jungen getroffen, der die verrückte
Welt beweinte. In ihrem Kosmos regiert Rya als Königin, und im
Unterschied zur herkömmlichen Welt funktioniert er nach ihren ganz
eigenen Prinzipien: "The world is like I see it."
So
viel Selbstbewusstsein macht neugierig. Doch Geschichten über
Kobolde, das Leben am Ozean - allesamt Themen von Rya, kennen wir
bereits aus Island. Von dort stammen Björk und Emiliana Torrini
- Sängerinnen mit charismatischer Stimme und leidenschaftlicher,
einzigartiger Ausstrahlung, jeweils ebenfalls mit einem ganz eigenen
Kosmos gesegnet. Vor allem Björk hat die Spur gelegt, die nun
von Rya aufgenommen wurde.
Über
ihre eigene Herkunft wird man im Dunkeln gelassen. Island ist es wohl
nicht, aber ansonsten ist vieles möglich. Von St. Petersburg
ist die Rede, Kroatien oder Serbien, des "slawischen Akzents
wegen" - vielleicht ist es aber auch bloß Wanne-Eikel,
denn Deutsch, so wird gesagt, spreche sie auch.
Stimmlich
gibt sich Rya, entsprechend den genannten Vorbildern, mal betont exaltiert
und überspannt, dann wieder naiv und jung-mädchenhaft. Auch
diese Spannbreite ist nicht wirklich neu: Schönen Gruß
aus Reykjavik.
Ihre
Kompositionen variieren noch etwas zu beliebig zwischen Disco-Pop,
Ballade, Triphop, Electronica und überdrehtem Dancefloor, während
die zum Teil recht banale textliche Umsetzung ihrer skurillen Themen
an vielen Stellen Ratlosigkeit aufkommen lässt.
Auch
wenn ihr die eine oder andere wirklich originelle Idee durchaus gelungen
ist ("Cobolt House", "City on Fire"), fehlt diesem
Debüt einiges an Strahlkraft, um tatsächlich die durchschlagende
Energie eines "Personal Cosmos" erreichen zu können.
Richtiggehend
peinlich wird es mit dem Stück "Still a lot do", dem
allzu offensichtlich Björks "Hunter" als Vorlage diente.
Zwar spricht nichts gegen die Anleihe an sich, aber eine Nachwuchskünstlerin,
die den Vergleich mit der Meisterin des Genres gezielt heraufbeschwört,
anstatt das eigene Profil herauszuarbeiten, muss sich schließlich
auch sagen lassen, dass sie diesem Vergleich nicht standhält:
Ihr Kosmos ist in Wahrheit nur eine Leihgabe.
Das
Fazit ist letztlich besonders enttäuschend,
weil ihr eigentlich genügend eigenes Potenzial zuzutrauen ist.
©
Michael Frost, 15.02.2003